5 Fragen an ... Alex Capus

5 Fragen an ... Alex Capus

Lieber Alex Capus, wo liegt das „kleine Haus am Sonnenhang" und wie trat es in Ihr Leben?
Das kleine Haus steht im Piemont eine knappe Autostunde südlich von Alba in einem Seitental eines Seitentals – wo genau, möchte ich nicht verraten. Ich war damals Anfang dreißig, hatte schon zehn Jahre als Journalist in Bundesbern gearbeitet. Zehn Jahre Parlament und Bildschirm, Telefon, Telex und Telefax und Rohrpost, Pressekonferenzen und Dienstreisen – und dann war da plötzlich dieses alte Gemäuer mit den geschwärzten Eichenbalken, und der alte Rebberg mit den Glühwürmchen, den Gottesanbeterinnen und den Smaragdeidechsen.

Wie haben das Haus und die Landschaft des Piemont Ihr Leben geprägt?
Es sind ja die Menschen, auf die es ankommt, die Landschaft und das Haus hat man nach einer Woche dann mal gesehen. Ach, Italien! Ich habe Leichtigkeit und Lebensfreude gelernt, auch Herzensgüte, menschliche Wärme und Solidarität. Und ich habe meinen Frieden mit dem Mysterium gemacht, dass die feinsinnigsten, gebildetsten und kultiviertesten Menschen bei gewissen Themen haarsträubend einfältig und faktenresistent daherreden können. Eine Weile versuchte ich dagegen anzureden, dann lernte ich, diese Themen zu meiden. In Deutschland etwa ist es das Thema Fußball, in Italien war’s damals Berlusconi, manchmal leider auch noch Mussolini und die koloniale Zeit in Eritrea.

Was ist aus dem Haus geworden? Sind Sie noch manchmal dort?
Das kleine Haus hatte seine Zeit. Wir bekamen Kinder, eins nach dem anderen, wir brauchten das Geld für ein Zuhause in der Schweiz. Und der Verkehr wurde immer dichter, es war kein Vergnügen mehr, mal eben übers Wochenende mit Babys zwei Mal durch den Gotthardtunnel zu fahren. Also haben wir das Haus an Freunde verkauft, die uns unbedingt ans Herz legten, jederzeit in dem kleinen Haus Ferien zu machen. Aber wir sind nie mehr hingefahren. Was vorbei ist, ist vorbei.

Sehen Sie sich als Schriftsteller in der Tradition mündlichen Erzählens?
Unbedingt. Ich habe das Geschichtenerzählen in der Kneipe gelernt. Regel Nummer eins ist da: Nicht langweilen. Wenn du die anderen langweilst, zahlen die, stehen auf und gehen, und dann sitzt du alleine da. Deshalb: Unbedingt immer behaupten, dass die Geschichte wahr sei, die du erzählst. Wenn du am Kneipentisch eine Geschichte mit dem Bekenntnis anfängst, dass sie zwar frei erfunden, aber wirklich gut sei, hast du schon verloren. Dann hört dir keiner zu.

Wo lesen und schreiben Sie heute?
Ich habe zu Hause eine Schreibstube mit einem Pult und einem Drehsessel, da schreibe ich meine Romane. An den Wänden hängen dann Fotos und Bilder zum Thema, über das ich schreibe, manchmal auch Landkarten, Stammbäume und Portraits von Leuten, die meinen Heldinnen und Helden ähneln. Die ersten Versionen schreibe ich immer mit dem Füller in ein Heft, erst danach klappe ich den Laptop auf.

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