5 Fragen an ... Michael Köhlmeier

5 Fragen an ... Michael Köhlmeier

Lieber Michael Köhlmeier, worum geht es in Frankie?
Um eine Initiation. Der vierzehnjährige Frankie trifft auf seinen Großvater. Der wurde soeben aus dem Gefängnis entlassen, wegen guter Führung nach achtzehn Jahren. Also ein Schwerkrimineller. Die beiden verbindet bald eine gegenseitige Faszination. Es ist die alte Geschichte von der Schönen und dem Biest, von der Unschuld und der Verführung. Frankie entdeckt in sich die eigene kriminelle Energie. Wenn die Unschuld in Erfahrung umschlägt, kommt es zum Kampf.

Haben Sie für einen von beiden mehr Sympathien, für den Jungen oder für den Großvater?
Ich habe für alle Figuren Sympathie, anders geht es nicht. Besser gesagt: Mir sind meine Figuren gleichgültig. Aber wörtlich gemeint: Sie gelten mir alle gleich viel. Wenn eine Figur spricht, hat sie für sich recht. Alles andere wäre Denunziation. Wer seine Figuren denunzieren möchte, der sollte nicht schreiben. Ich hätte auch keine Freude dabei.

Haben Sie beim Schreiben von Frankie etwas über sich selbst gelernt?
Was gehe ich mich beim Schreiben an! Ich werde immer verlegen, wenn jemand sagt, er sei auf Selbstsuche. Ich denke dann, stimmt mit mir etwas nicht, weil ich mich nicht suche? Ich weiß, es ist eine Metapher, aber es ist eine schiefe, eine schlechte Metapher. Ich habe beim Schreiben von Frankie – wie beim Schreiben aller anderen Bücher – gestaunt, ja. Ich habe gestaunt, was der Bursche macht, was der Großvater macht. Gut, Sie können sagen, ich habe gestaunt, was ich mir habe einfallen lassen. Insofern habe ich diese Geschichte beim Schreiben gelernt.

Ihr letzter Roman war aus der Perspektive eines Katers geschrieben, Ihr neuer Roman ist aus der Perspektive eines Teenagers erzählt. Fällt Ihnen das Schreiben leichter, wenn es eine Distanz zu Ihnen selbst gibt – oder ist das gar nicht so?
Wenn ich in einer Erzählung das Wort „Ich“ schreibe, also dass ein Ich erzählt, dann weiß ich, ich bin es nicht. Sobald das Wort „Ich“ auf dem Papier oder dem Bildschirm steht, ist es Literatur. Diese Einsicht ist banal. So banal, dass man sie gleich vergisst. Zu Arthur Rimbaud soll einmal eine Frau gesagt haben, er müsse wohl sehr verliebt gewesen sein, als er dieses oder jenes Liebesgedicht geschrieben habe. Er antwortete: Ich war noch nie verliebt, ich habe nur die richtigen Worte gefunden. Na gut, das ist vielleicht zu cool, um wahr zu sein. Aber es ist gut, wenn man zu seinen Figuren Distanz hält. Sonst läuft man Gefahr, sich zu sehr in ihr Leben einzumischen. Dann wird Papier daraus.

Sie sind sehr produktiv und veröffentlichen Ihre Bücher in kurzen Abständen. Wie finden Sie immer wieder Ideen für ein neues Werk?
Ideen sind es nicht. Es sind die Figuren. Die kommen oder kommen nicht. Wenn sie kommen, bringen sie eine Geschichte mit, die erzählen sie mir, und ich schreibe mit.

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