5 Fragen an ... Michael Köhlmeier

5 Fragen an ... Michael Köhlmeier

Lieber Michael Köhlmeier, eigentlich gibt es doch schon sehr viele Märchen. Warum schreiben Sie noch neue?
Märchen verweisen auf archetypische Bilder und Situationen. Es ist wie beim Spielen des Blues: Wenige Akkorde, unendlich viele Arten, den Blues zu spielen.

Haben Prinzessinnen, Räuber, böse Mütter uns heute noch etwas zu sagen?
Prinzessin, Prinz, Stiefmutter, Räuber, König – durch sie hindurch schimmern die Archetypen. Den Blues kann man auf dem Klavier spielen, aber auch auf dem Saxophon, der Gitarre, der Hammondorgel oder der Mundharmonika.

Bei Ihnen gibt es (wie in allen Märchen) sprechende Tiere und schweigende Menschen. Wer steht Ihnen näher, die Menschen oder die Tiere? Das Sonntagskind oder der Wolf?
In den meisten Märchen mag ich die Tiere lieber. Den Wolf mag ich besonders. Sie sind, wie sie sind, und können anders nicht sein. Es sei denn in Tierfabeln, die ich eigentlich nicht so gern habe, dort sind die Tiere Menschen, und jeder soll es merken und eine Lehre und eine Moral daraus ziehen.

Haben Märchen immer eine Moral? Wenn ja, welche? Wenn nein, welche nicht?
Die meisten Märchen sind – oder waren ursprünglich – moralneutral. Wie Traumbilder sind sie, erst die Interpretation schafft die Moral von der Geschicht und klebt sie hinten dran. Siehe Der Herr Korbes: Die Tiere und die Dinge tun sich zusammen, um einen Menschen zu quälen und zu töten. Wir wissen nicht, warum sie das tun. Ab der dritten Auflage der Kinder- und Hausmärchen hängte Wilhelm Grimm den Satz an: »Der Herr Korbes muss ein sehr böser Mann gewesen sein.« Damit war das Rätsel gelöst und die Moral ausgesprochen: Sei kein böser Mann, sonst geschieht dir Ähnliches.

Wenn Sie eine Märchenfigur sein könnten, welche würden Sie sich wünschen? Froschkönig? Rumpelstilzchen? Oder wer?
Der gestiefelte Kater. Der hat alles. Er ist der Chuck Berry des Märchens.

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