“Kriegslicht” ist zugleich Kriegs- und Spionageroman, Coming-Of-Age-Geschichte und Familiensaga. Hatten Sie das von Anfang an so geplant?
Überhaupt nicht! Es fing alles an mit der Idee von zwei Teenagern, die zu Beginn des Buchs von ihren Eltern verlassen werden. Und dann fing ich an darüber nachzudenken, was in ebenjener Zeit – 1945, kurz nach Kriegsende – passieren könnte, und zwar in London, eine Stadt, in der ich als Jugendlicher lebte und sie daher gut kannte. Ich wollte schon immer mal über ein London schreiben, wie es weniger bekannt ist, über das Abenteuer, all das Unbekannte zu entdecken, das es dort gibt – und für die beiden Teenager wird der Moment, wo sie von ihren Eltern verlassen werden, in diesem Sinne tatsächlich zum Ausgangspunkt eines Abenteuers, denn nun sind die Eltern nicht mehr da, um sie zu beschützen. So wurde das Ganze zur Coming-Of-Age-Geschichte, und noch später erst, als es dann auch darum ging, was die Eltern taten, wurde es zum Kriegsroman mit allen möglichen politischen Intrigenspielen. Und so ist das Buch zu dem geworden, was es ist.
In Nathaniels und Rachels Umfeld verkehrt eine bunte Mischung exzentrischer Charaktere. Wollen Sie damit auch zeigen, dass Kriege sich nicht nur über Gewinner und Verlierer definieren?
Es geht nicht darum, wer gewinnt oder verliert, sondern darum, wie wir vom Krieg betroffen sind – das ist wichtiger als der eigentliche Ausgang.
In “Kriegslicht” gewinnen die Charaktere merkwürdigerweise über das narrative Mittel des Lügens an Tiefe und Glaubwürdigkeit, ja Wahrhaftigkeit. Würden Sie das als paradox bezeichnen oder ist es vielmehr ein Spiegel des realen Lebens?
Wir sind immer umgeben von Varianten der Wahrheit. Und in Zeiten des Krieges und kriegerischer Intrigen nimmt das noch dreistere und kompliziertere Ausmaße an. Und klar, Lügen ist ein komplexes narratives Mittel, sofern wir von den Lügen überzeugt werden können. Aber am Ende der Geschichte müssen wir zu irgendeiner Art von Wahrhaftigkeit gelangen, wie bei jeder archäologischen Entdeckung.
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