Presse
"Ein spektakuläres Debüt ... turmhoch allem überlegen, was sonst in der deutschen Gegenwartsliteratur diesen Frühling erscheint." Denis Scheck, ARD druckfrisch, 27.01.19
"Ein durchdachtes und durchtriebenes Romandebüt ... Es ist wirklich erstaunlich, wie frisch und neu Cusanit das fade gewordene Bild vom zielgerichteten Preußen und mäandernden Orient mit Leben füllt." Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau, 02.03.19
"Kenah Kusanit hat einen gebildeten wie unterhaltsamen Roman über das Großereignis der babylonischen Ausgrabung kurz vor dem Ersten Weltkrieg geschrieben. Und damit - vielleicht ungewollt - einen interessanten Begleittext verfasst zur gegenwärtigen Raubkunst-Debatte. Wobei das Buch durchaus feine Zwischentöne anschlägt, die das Grabungsprojekt keineswegs nur im Licht von kolonialer Habgier und unstatthafter Bereicherung erscheinen lässt." Angela Gutzeit, Deutschlandfunk, 27.02.19
"Was einen an diesem Buch letztendlich fasziniert, ist wohl vor allem dieser erzählende Blick von ganz weit weg auf die historischen Vorgänge. Man meint als Leser tatsächlich eine Ahnung von einem großen Menschheitsganzen zu erhaschen, davon, wie alles immer mit allem zusammengehangen hat." Dirk Knipphals, taz, 14.02.19
"Ein Roman über einen Archäologen - staubtrocken, was? Nein! Mit Witz erzählt Kenah Cusanit von Robert Koldewey und dem Grabungswahn - und kommentiert die Museumspolitik von heute. ... Das Debüt der Anthropologin ... ist die reinste Freude. Weil es so kostbar ist wie ein Stück Babylon, eine derart ungewöhnliche Stimme zu entdecken." Anne Haeming, Spiegel Online, 31.01.19
"Ein Buch, das die historischen Materialien immer griffbereit hat und souverän mit den kulturgeschichtlichen Fakten jongliert." Michael Braun, Der Tagesspiegel, 31.01.19
"'Babel' ist randvoll mit Atmosphäre, ohne deshalb ins Atmosphärische zu kippen. ... Eine grandiose und grandios kluge Feier der Vielsprachigkeit. Die Codes der Wissenschaften, der Religionen und der Kunst stellt dieser Roman mit grosser Lust nebeneinander. Denn er weiss, dass sie sich spätestens im Unendlichen treffen." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 30.01.19
"Kenah Cusanit hat weit mehr als einen historischen Roman geschrieben. Ihre Sprache ist farbig, innovativ und reflektiert. Dank der Erfindungskraft der Autorin wird uns bewusst, was für eine einzigartige Kulturlandschaft die Region von Syrien bis zum Irak einmal war." Gundula Ludwig, NZZ am Sonntag, 27.01.19
"Der Roman ist voller Reflexionen über Heimat und Fremde, Wissenschaft und Religion, Oberfläche und Untergrund, Vergangenheit und Zukunft. ... Ein famoses Romandebüt, das sprachlich und formal überzeugt." Stefan Gmünder, Der Standard, 29.01.19
"Eine ebenso gelehrsame wie unterhaltsame, mitunter saukomische Babel Rhapsodie. Ein komödiantisches Meisterwerk ... Genüsslich lässt sich die Autorin auf die farcenhaften Episoden ein, an denen das Grabungsunternehmen am Euphrat so reich ist. Doch mit leichter Hand und wie nebenbei bringt sie auch alle wichtigen Fakten zur Stadt- und Ausgrabungsgeschichte Babylons im Erzähl-Fluss unter, ebenso die Mythen, die sich seit biblischen Zeiten um den Turm von Babel ranken." Sigrid Löffler, SWR 2 Lesenswert Magazin, 27.01.19
"Ein flirrender Debütroman ... Es ist die Weltgeschichte als Farce und Stimmengewirr, die 'Babel' entfaltet, aber die sardonische Intelligenz von Kenah Cusanit macht gleichzeitig die erhabenen Züge dahinter sichtbar." Ijoma Mangold, Die Zeit, 24.01.19
5 Fragen an …
Kenah Cusanit
Liebe Kenah Cusanit, Sie haben einen Roman über einen deutschen Archäologen und seine biblische Aufgabe geschrieben: die Ausgrabung Babylons 1913, unweit von Bagdad. Wann trat die historische Figur des Robert Koldewey erstmals in Ihr Leben und ab wann wussten Sie, dass Sie einen Roman über ihn schreiben möchten?
Eigentlich hätte ich schon während des Studiums auf Robert Koldewey aufmerksam werden müssen (als ich bereits eine Anzahl Tontafeln aus genau derjenigen Grabung gelesen und übersetzt hatte, die Koldewey unternommen hatte). Aber die Ausgräbergeschichten waren nie ein Thema an der Uni, was vielleicht auch daran lag, dass Koldewey keine Philologen auf der Grabung mochte. Diesen Unmut gegen ihn spürt man zuweilen noch heute in wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Tatsächlich fiel mir erst irgendwann bei einem Besuch im Pergamonmuseum auf, dass man zwar viel über die altorientalischen Kulturen erfährt, aber kaum etwas darüber, unter welchen Umständen deren Zeugnisse überhaupt nach Berlin gelangt sind. Als ich die Geschichte dann recherchierte, war schnell klar, dass ich darüber einen Roman schreiben will – irgendwann, wenn ich einmal dazukomme, einen Roman zu schreiben.
Sie entfalten Ihren Roman entlang einer wahren Begebenheit. Robert Koldewey ist im Auftrag des deutschen Kaisers Wilhelm II. in einer Region, in der zahllose Ausgräber aus Europa in einem Wettrennen um fremde Kulturschätze miteinander stehen. Wie haben Sie für Ihren Roman recherchiert?
Ich war in Bibliotheken und Archiven unterwegs und habe alles gelesen, was es zu lesen gab. Ich habe Tunnel gegraben, habe das Gefundene hinausgetragen und mit dem schon vorhandenen Gefundenen auf ein Niveau gebracht und wieder neue Tunnel gegraben. Ich habe eben irgendwie die Geschichte ausgegraben, wie Koldewey Babylon.
Führt man sich also Ihre Arbeitsweise vor Augen, könnte man annehmen, Sie seien selbst eine Art Geschichtenarchäologin. Auch die Sprache Ihres Romans trägt etwas Suchendes in sich, sie geht gerne Umwege, um zu einem Gedanken vorzudringen und ihn freizulegen. Ist dieses archäologische Prinzip für Sie ein literarisches Verfahren?
Das klingt nach einer bewussten Entscheidung für eine coole literarische Technik. Vermutlich aber ist es einfach so, dass dieses archäologische Vorgehen meiner Denkweise entgegenkommt. Und wenn man sich, wie ich, nie mit gängigen Romantechniken beschäftigt hat, dann tendiert man wohl eher dazu, so zu schreiben, wie man denkt. In meinem Fall: indirekt, umständlich, um die Ecke. Oder: essayistisch. Was schöner klingt. Das Praktische an dieser Herangehensweise ist, dass man ausgiebig zum Beobachten kommt und zusehen (oder zulassen) kann, wie die Logik einer Geschichte sich auf den Text überträgt und diesen selbst arrangiert.
Ihr Roman kann einem den Blick auf die Welt verändern, auf das Christentum, das Judentum, den Islam. Denkt man nach Lektüre von Babel über die Gegenwart nach, sieht man überall die Auswirkungen von Kolonialisierung und kultureller Aneignung. War das auch für Sie im Schreiben eine Erkenntnis?
Es war eher eine Erkenntnis, die zum Schreiben geführt hat – die Auswirkungen der Hegemonieansprüche auf andere Kulturen und deren materielle Aneignung (hätten sich die Imperialisten auch ein wenig fremde Kultur angeeignet, wäre das ja nicht schlecht gewesen). Die Themen, die mich umtreiben (kulturelle Denkmuster, Bedingungen von Wissen und Erkenntnis, Photographie, moderne Mythen …), haben wohl auch auf erhebliche Weise den Roman nicht nur durchrhythmisiert, sondern dessen Recherche zuallererst für mich attraktiv gemacht. Auf welche Art und Weise hängt das, was mich umtreibt, mit Robert Koldewey und der Babylon-Ausgrabung zusammen? Das hat mich wahrscheinlich am meisten interessiert. – Und: Kann man daraus einen literarischen Erfahrungsraum machen, der auch für andere funktioniert.
Wie Robert Koldewey sind auch Sie in Blankenburg im Harz geboren worden. Nach seiner Rückkehr aus Babylon lebte Koldewey in Berlin, wo auch Sie heute leben. Verfolgt er Sie oder verfolgen Sie ihn?
Vielleicht ist es ein synchronistisches Ereignis, wie Carl Gustav Jung sagen würde, ein Zu(sammen)fall zweier Ereignisse, die kausal nichts miteinander zu tun haben und deren gleichzeitiges Auftreten mir nur auffällt, weil es mir etwas zu sagen hat. Ich habe relativ am Ende meiner Recherche im Nachlass von Robert Koldewey ein Notizheft von ihm entdeckt, aus dem hervorgeht, dass wir nicht nur in Blankenburg geboren sind, sondern auch bald darauf weggezogen, aber immer wieder zurückgekehrt sind, um die Großeltern zu besuchen und um auf der Teufelsmauer (einer mythisch umrankten Felsformation aus der Kreidezeit) herumzuklettern und von den beiden größeren Felsen dort oben, die witzigerweise „Großmutter“ und „Großvater“ heißen, die Stadt zu skizzieren. Im Roman schreibe ich, dass Koldewey in der Stadt Esskastanien gesammelt hat; das ist historisch nicht verbürgt, aber mittlerweile glaube ich fest daran, dass nicht nur ich das getan habe.