5 Fragen an ... Julya Rabinowich

5 Fragen an ... Julya Rabinowich

Liebe Julya, bevor du mit deinem ersten Jugendbuch Dazwischen: Ich einen riesigen Erfolg im Hanser Kinder- und Jugendbuchprogramm gelandet hast, hast du schon sehr viel und sehr erfolgreich für Erwachsene geschrieben. Was hat dich dazu gebracht, für junge Leserinnen und Leser zu schreiben?
Einerseits der Wunsch, meine Grenzen zu dehnen, andererseits die Erfahrungen mit meinen Schullesungen und die Tatsache, dass viele Jugendliche bei meinen Lesungen für Erwachsene aufkreuzten. Ich hatte das Gefühl, wir erreichen uns gut. Ich wollte sie noch besser erreichen. In Madinas Fall ist es auch so, dass mir wichtig war, Krieg und Entwurzelung und Verfolgung für Jugendliche nachvollziehbar zu machen, erzählt von jemanden, die so alt ist wie sie.

Und warum jetzt ein zweiter Teil, Dazwischen: Wir?
Eigentlich sah ich Dazwischen: Ich als abgeschlossenes Projekt, Madinas Geschichte sollte in der Schwebe bleiben. Dann ist die Stimmung in Europa gekippt und mir wurde klar, dass Madinas Geschichte noch viele weitere Kapitel hat. Eine der prägendsten Erfahrungen war ein Pegidaaufmarsch und, unabhängig davon, eine Lehrerin, die offenbar Pegidaanhängerin gewesen ist. Welche Dinge sie vor der ganzen Klasse sagte. Wie die Jugendlichen darauf reagierten. Da war mir klar: Das kann nicht unerwähnt bleiben. Und was mir auch sehr wichtig war: zu zeigen, dass eine breite zivilgesellschaftliche Solidarität nötig ist, aus allen politischen Lagern. Und wieder war mir wichtig, zu vermitteln, denen, die von solcher Aggression betroffen sind, einen Platz zu geben. Den anderen nachvollziehbar zu machen, wie sich so etwas anfühlt. Doch diese Entwicklungen sind ja nicht alles, was Madina zu schaffen macht: Ihre Familie ist nicht allen Herausforderungen des Ankommens gewachsen, Madina trägt die Hauptverantwortung für alle und vermisst gleichzeitig ihren Vater. Der Ablösungsprozess von ihm ist auch ein wichtiger Teil des Buches. Und dazwischen: ist sie einfach nur eine junge Frau, die so leben will, wie ihre beste Freundin.

Gibt es weitere persönliche Erfahrungen oder sogar autobiographische Erlebnisse, die in das Buch eingeflossen sind?
Die Erfahrung des Sprachverlustes ist natürlich etwas, das ich mit Madina teile. Ebenso wie Madinas Erfahrung, für die Eltern zuständig zu sein, weil sie nicht schnell genug im neuen Land ankommen. Das sind universelle Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Fluchtgeschichte. Und noch ganz konkret eines: Frau King, die konservative und mutige Lehrerin, deren Strenge Madina anfangs missversteht, war meine Lehrerin. Es ist ein Denkmal für sie, das ich ihr schulde. Ansonsten lebt Madina zu einer ganz anderen Zeit und diese Form des Hasses habe ich glücklicherweise nie persönlich kennenlernen müssen.

Du machst viele Lesungen oder Workshops mit jungen Menschen. Was macht dir daran besonders viel Spaß, was inspiriert dich bei dieser Arbeit?
Ihre Offenheit, ihre Ehrlichkeit (auch wenn sie nicht immer angenehm ist) und ihre Kreativität. Das steckt mich immer an. Ich weiß, Ansteckung ist gerade ein sehr negativ besetztes Wort, aber es gibt glücklicherweise auch das Verbreiten von Glücksmomenten.

Gibt es eine bestimmte Botschaft, die du allen, die Madinas Geschichte (oder jedenfalls dieses Interview) lesen, mitgeben möchtest?
Haltet in Zeiten der Not zusammen. Ach was, haltet einfach immer zusammen. Und, nebenbei erwähnt: Es ist nicht immer alles so eindeutig, wie es scheint. Ein zweiter Blick lohnt sich immer. Ohne spoilern zu wollen: Gerade die Geschichte von Lehrerin King erzählt viel von dem wichtigen zweiten Blick.

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