Underground Railroad
Colson Whitehead

Underground Railroad

übersetzt aus dem Englischen von Nikolaus Stingl
Details zum Buch
Roman. Pulitzer-Preis 2017
  • Erscheinungsdatum: 21.08.2017
  • 352 Seiten
  • Hanser Verlag
  • Fester Einband
  • ISBN 978-3-446-25655-2
  • Deutschland: 24,00 €
  • Österreich: 24,70 €

  • ePUB-Format
  • E-Book ISBN 978-3-446-25774-0
  • E-Book Deutschland: 11,99 €

Colson Whiteheads Bestseller über eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte Amerikas – ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis 2017 und bei Amazon Prime unter der Regie von Academy-Award-Gewinner Barry Jenkins

Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht – doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben, Kopfgeldjägern, obskuren Ärzten, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit? Colson Whiteheads Roman ist eine virtuose Abrechnung damit, was es bedeutete und immer noch bedeutet, schwarz zu sein in Amerika.

Colson Whitehead

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Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper's und Granta. Whitehead erhielt den Whiting Writers Award (2000) und den Young Lion's Fiction Award (2002) ...

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Underground Railroad

Presse

„Wer etwas begreifen will über das gegenwärtige Amerika, seine untergründigen Strömungen, den Ursprung des Rassismus und seine toxischen Auswüchse bis in die Gegenwart, kommt an 'Underground Railroad' nicht vorbei.“ Sandra Kegel, F.A.Z., 03.06.20

"Colson Whiteheads 'Underground Railroad' ist so packend wie poetisch. Der Pulitzer-Preisträger hat mein Herz berührt und mir geholfen, die USA besser zu verstehen." Brigitte, 26/2017

"Das Buch eines dichtenden Träumers, der mit literarischen Mitteln zeigt, wie albtraumhaft und surreal die Erfahrung von Sklaverei war." Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.11.17

"Whitehead zeigt die Mythen gewordenen Geschichten der Underground Railroad und die historischen Fakten der Sklaverei schnörkellos , als könne jeder komplizierte, erzählerische Trick ihre Wirkung nur schmälern. Der in den USA nach wie vor herrschende, offene und institutionelle Rassismus ist zur erzählten Welt des Romans geronnen. Das Buch für die USA der Gegenwart." Nicolas Freund, Süddeutsche Zeitung, 02.11.17

"Für den Leser geht es, immer wieder grausam anzusehen, rückwärts in die dunkle Zeit der USA, die bis heute nachwirkt, im Trump-Amerika – und auch deshalb ist dieser so brillant gebaute und klar geschriebene Roman ein Schlüsselwerk dieser Tage des Zweifelns und des Zorns." Georg Diez, Literatur Spiegel, Oktober 2017

"Es ist der große Roman über die Sklaverei in Amerika, aber er ist auch mehr als das … Eine historisch akribische Aufarbeitung … Ich kann mir niemanden vorstellen, der ungerührt aus dieser Lektüre herauskommt." Martin Ebel, SRF Literaturclub, 05.09.17

"Das Wissen über die Sklaverei, das Colson Whitehead einem aufbürdet, verändert einen." Rüdiger Safranski, SRF Literaturclub, 05.09.17

"Mit 'Underground Railroad' ist Whitehead etwas Großes gelungen: literarisch zu verdichten, wie die Folgen der Sklaverei Amerika bis heute zerreißen. Ein Roadmovie in die amerikanische Finsternis." Brigitte Kleine, ARD titel, thesen, temperamente, 27.08.17

"'Underground Railroad' ist der Roman für diesen Moment, es ist das Buch, um den andauernden amerikanischen Bürgerkrieg zu verstehen, Trump und Charlottesville und die ökonomische und emotionale Versklavung der Schwarzen, die doppelte und dreifache Schuld der Weißen … Whitehead gelingt in diesem Buch das Besondere, er verbindet die Klarheit einer sehr gegenwärtigen Sprache mit der Vergangenheit, die er greifbar macht, verständlich und damit auch politisch zugänglich." Georg Diez, DER SPIEGEL, 35/2017

"Der historische Roman ist hochaktuell. Nur vor dem Hintergrund, der Sklaverei lässt sich der heutige Rassismus wirklich verstehen, der sich über Generationen eingeschrieben hat ins Erbgut der weißen wie der schwarzen Amerikaner. Und wohl nur dann überwunden werden kann, wenn man sich traut, dem Damals wie dem Heute ins brutale und ins gebrochene Auge zu schauen.Wie Colson Whitehead es tut." Gabriele von Arnim, Deutschlandfunk Kultur, 23.08.17

"Colson Whitehead will eine andere Perspektive auf die Geschichte der Sklaverei eröffnen, die bislang vor allem von Weißen geschrieben wurde. Mit 'Underground Railroad' ist ihm das auf fulminante Art gelungen." Christian Schröder, Der Tagesspiegel, 22.08.17

"Der Roman erzählt derart berührend intensiv von jenen Wurzeln, aus denen das Ausmaß des verhärteten Rassismus in den USA heute wuchs, dass danach alles, was unter Trump an die Oberfläche kochte, klarer verortet werden kann … Absolut unverzichtbar, um den Horror des Vorgestern zu fassen zu bekommen, und somit zu begreifen, wie dünn die Tünche ist in der Gegenwart." Anne Haeming, SPIEGEL online, 22.08.17

"Wie oft war die Rede von der 'Great American Novel', die angeblich niemand mehr zu schreiben imstande sei, weil es zu kompliziert sein, Geschichte und Gegenwart in eins zu setzen und zu fiktionalisieren. 'Underground Railroad' ist nichts weniger als ein Meisterwerk, ein Roman, dessen historische Implikationen natürlich Schatten auf heute werfen." Julian Weber, Die Tageszeitung, 21.08.17

"Große Literatur, die ins Jetzt hineinragt: Wer verstehen will, wie es zu Auswüchsen wie jüngst in Charlottesville kommen konnte, greife zu diesem Buch." Christoph Schröder, Frankfurter Rundschau, 21.08.17

"Ein überwältigender Roman … Die Geschichte der Sklaverei ist nicht abgeschlossen. Ihre Folgen durchziehen bis heute den amerikanischen Alltag. So muss man dieses Buch lesen, das Erzählungen, Erfahrungen und Erinnerungen aus dreieinhalb Jahrhunderten in sich aufgenommen hat und als neue, alle Spuren berührende und zusammenführende Geschichte vor uns steht, als The Great American Novel." Verena Lueken, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.08.17

"Der enorme Erfolg – in seltener Einmütigkeit bei Kritikern und Publikum –, hat mit der literarischen Qualität so viel zu tun wie mit der Aktualität des Themas. In der Sklaverei von einst liegt die Wurzel des Rassismus von heute." Susanne Kippenberger, Der Tagesspiegel, 20.08.17

"Wer wirklich die Geschichte dieses zerrissenen Landes bis hin zu den Exzessen von Charlottesville verstehen will, muss das Buch lesen." Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.08.17

"Dieser Roman, mit dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet, haut einen um." Brigitte women, 09/17

"'Underground Railroad' ist die Ungeheuerlichkeit eines fantastischen Sklavenromans … Dieser fantastische Kniff macht die Konzentration auf einen psychologischen Realismus erst möglich, der Wut, Angst und Traumatisierung der Geflohenen genauso einbegreift wie die Panik der Jäger." Wieland Freund, Die Welt, 15.04.17

Für Lesekreise

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5 Fragen an …

Colson Whitehead

Sie erzählen die Odyssee von Cora, einer jungen Sklavin, die der unmenschlichen Schinderei auf einer Baumwollplantage in Georgia entkommt – mithilfe der Underground Railroad, jenem historischen Fluchtnetwerk für Sklaven, das in Ihrem Roman als unterirdisches Geflecht aus Schienen, Eisenbahnen und Stationswärtern phantastisch konkrete Gestalt annimmt. Wie viel von Coras Geschichte steht in der Tradition des Slave narrative – und wie viel davon ist reine Fiktion?
Slave narratives sind Non-Fiction, Erfahrungsberichte ehemaliger Sklaven. Zeitgenössische Literatur über Sklaverei nennen wir normalerweise Neo-Slave Narrative, soweit ich das beurteilen kann, allerdings bin ich auch nicht an solchen Etiketten interessiert. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, den Roman in irgendeine Schublade zu stecken, das machen ja schon andere – ich schreibe nur. “Underground Railroad” ist kein historischer Roman; mein Motto lautete, “Halte dich nicht an Tatsachen, sondern an die Wahrheit”. Wenn das Buch den Verständnishorizont des Lesers, was verschiedene Aspekte der Sklaverei und der amerikanischen Geschichte angeht, erweitern kann – das ist es doch, wo-rauf es ankommt.
Tatsächlich bezog sich meine Recherche vor allem auf Slave narratives – die berühmten wie Frederick Douglass und Harriet Ann Jacobs – und mündliche Überlieferungen ehemaliger Sklaven, die die Regierung in den 1930er Jahren gesammelt hatte. Die Tuskegee-Syphilis-Studie wurde nicht 1850 durchgeführt – aber welche Haltung gegenüber dem schwarzen Körper lässt sie in jenem Jahr erkennen? Das historische North Carolina hatte nicht so repressive Gesetze wie das North Carolina im Buch – aber was, wenn wir die Geschichte der Jim Crow Laws nehmen, die Genozidpläne der Nazis und die Lynchjustiz, um daraus einen Staat zu schaffen, wo diese Dinge konsequent zu Ende gedacht werden?

Auf der Suche nach Freiheit irrt Cora kreuz und quer durch die Südstaaten, von South Carolina bis nach Indiana und darüber hinaus, wobei jeder Staat andere Möglichkeiten, andere Gefahren bereithält – eine weitere phantastische Wendung Ihres Romans, der mit jedem Kapitel, mit jeder Station der Underground Railroad, die dunklen Seiten der amerikanischen Geschichte zu einer Art Collage verarbeitet. Geht der American Dream im Kern auf die Sklaverei zurück?
Natürlich handelt es sich bei der Sklaverei um einen unserer fundamentalen Irrtümer; ein Fehler, der tief im kulturellen Code verwurzelt ist. Manche bezeichnen die Sklaverei als Erbsünde Amerikas, aber diese zweifelhafte Ehre gebührt wohl eher der Enteignung und Vertreibung der amerikanischen Ureinwohner. Ich bin froh, dass die Struktur des Romans es mir ermöglicht hat, beide dieser “Sünden” – und darüber hinaus noch vieles andere – zu thematisieren.

Cora ist – nach heutigen Begriffen – im Teenageralter. Weshalb haben Sie sich gerade für diese junge Heldin und ihre Perspektive entschieden?
Harriet Ann Jacobs’ Erlebnisse aus dem Leben eines Sklavenmädchens war eines der ersten Slave narratives, die ich gelesen habe. Sie lief ihrem Besitzer weg und lebte sieben Jahre auf einem Dachboden, bevor sie einen sicheren Fluchtweg aus North Carolina fand. Ihre Zeit auf dem Dachboden inspirierte mich teilweise zu dem North-Carolina-Kapitel im Buch und ermöglichte es mir, das historische Spiel dieses Kapitels zu inszenieren, indem ich Jacobson mit Anne Frank verknüpfte, die Unterdrückung der Schwarzen in den USA mit der Verfolgung der Juden unter den Nationalsozialisten. Jacobs schreibt über den spezifischen Horror weiblicher Sklaverei – mehr Sklaven zu produzieren, die mehr Baumwolle pflücken können, um ihre Herren noch reicher zu machen –, ein Thema, das ich ebenso erkunden wollte wie die Mutter-Tochter-Beziehung im Roman, etwas, das ich vorher noch nicht ausprobiert hatte. Außerdem hatte ich vorher schon eine Reihe männlicher Hauptfiguren, manchmal muss ein wenig Abwechslung sein!

Mit “Underground Railroad” haben Sie gewaltige Erfolge gefeiert, sowohl bei den Kritikern als auch bei den Lesern. Welche Reaktion auf das Buch hat Sie am meisten überrascht?
Ganz am Anfang, als das Buch gerade erschienen war, sagte eine ältere weiße Dame, dass es sie mitfühlender gemacht habe. Was vielleicht nicht überraschend ist, aber schön zu hören. Wir können alle mehr Mitgefühl brauchen.

Geschrieben haben Sie “Underground Railroad” während Barack Obamas Amtszeit; könnte man sagen, es ist ein Buch der Hoffnung? Hätte sich mit dem Wissen um gegenwärtige Entwicklungen etwas geändert?
Warum sonst sollte sich Cora auf eine so gefahrvolle Reise begeben, wenn sie sich nicht von der Hoffnung leiten ließe? Was bliebe uns ohne die Hoffnung darauf, dass irgendwo ein sicherer Hafen existiert? Sowohl für die Obama- als auch für die Post-Obama-Ära gilt: immer, wenn man über den Rassismus der Vergangenheit schreibt, schreibt man auch über den Rassismus der Gegenwart. Genauso verhält es sich auch mit dem weißen Nationalismus. Donald Trumps Wahl – unter anderem – ist ein Symptom für das Wiedererstarken des weißen Nationalismus, der die amerikanische Geschichte bis heute tief geprägt hat.

Leseproben

Kommentare

Barbara62
22.09.2017

Die Underground Railroad war ein aus Gegnern der Sklaverei, Farbigen wie Weißen, bestehendes informelles Netzwerk, das zwischen 1780 und 1862 etwa 100 000 Sklaven bei der Flucht aus den Südstaaten der USA in den Norden unterstützte. Man bediente sich dabei des Vokabulars der Eisenbahn, aber erst Colson Whitehead machte in seinem 2016 in den USA erschienenen, 2017 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Bestseller \“Underground Railroad\” aus der Metapher eine wirkliche Eisenbahn mit unterirdischen Gleisen, Dampflokomotiven, Wagen und Bahnhöfen. Diese Drehung ins Phantastische ist eine geniale Idee und hat mich, obwohl ich gewöhnlich keine Fantasy lese, absolut begeistert.

Erzählt wird die Geschichte von Cora, einer jungen, starken Sklavin, deren Großmutter Ajarry aus Afrika verschleppt, mehrfach verkauft, missbraucht und entwürdigt wurde, bevor sie schließlich auf die Randall-Plantage in Georgia kam: „Es gab eine Ordnung von Elend, ein in anderem Elend steckendes Elend, und man musste den Überblick behalten.“ Coras Mutter Mabel gelang als einziger Sklavin der Farm die Flucht, ein Stachel im Fleisch des sadistischen Plantagenbesitzers und des berüchtigten Sklavenfängers Ridgeway. Cora leidet unter dem Verlassenwerden durch die Mutter, hasst sie, wird zur Einzelgängerin. Als auch sie um 1850 flieht, wird eine beispiellose Belohnung ausgesetzt und jeder verfügbare Mann aus der Umgebung schließt sich der Suche an, allen voran Ridgeway. Doch Cora ist auf ihrer Odyssee durch South und North Carolina, Tennessee, Indiana und Richtung Norden nicht alleine, immer wieder kann sie auf die Unterstützung der Underground Railroad zurückgreifen, ein mehr als gefährliches Unterfangen für alle Beteiligten: „So viele von denen, die ihr geholfen hatten, hatten ein schreckliches Schicksal erfahren.“ Immer wieder begegnet sie Ridgeway, der besessen von ihrer Ergreifung ist und seine Schmach im Falle Mabels tilgen möchte. Sie lernt den ganz unterschiedlichen Umgang der Bundesstaaten mit den Farbigen kennen, erlebt in South Carolina, wo die Farbigen „gehütet und domestiziert“ werden, eine relative Freiheit, die keine ist, muss sich in North Carolina monatelang vor der Lynchjustiz auf einem Spitzboden verstecken und findet in Indiana vorübergehend ein Paradies auf einer Farm für Geflüchtete, bis auch dieses Symbol des Aufstiegs der Farbigen zur Zielscheibe wird. Zwischen den Kapiteln mit den Überschriften der Bundesstaaten gibt es kürzere Abschnitte über einzelne Personen, unter anderem Coras Großmutter Ajarry, ihre Mutter Mabel und den mit ihr geflohenen Caesar.

Kein Elend und keine Grausamkeit der Sklaverei erspart uns Colson Whitehead, der sich zum Teil an den in den 1930er-Jahren von der US-Regierung aufgezeichneten \“Slave narratives\” orientiert hat. Weit weg von \“Vom Winde verweht\” zeigt er die Entmenschlichung und was es heißt, Ware und Eigentum zu sein, sprachlich brilliant und mit differenzierten Charakteren. Doch bleibt seine Darstellung nicht auf die Sklaverei beschränkt, auch die zweite Urschuld der USA, die Enteignung der Indianer, wird thematisiert, und vieles lässt sich problemlos auf andere Unrechtsregime übertragen.

Ganz ohne Zweifel ist \“Underground Railroad\” angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen in den USA und einem in Teilen wieder salonfähig gewordenen Rassismus und Nationalismus eine der wichtigsten Neuerscheinungen 2016 in den USA und 2017 in Deutschland. Das heißt für mich allerdings nicht, dass der Roman über alle Kritik erhoben ist. Mich hat vor allem gestört, dass Colson Whitehead immer wieder Begleitumstände der Sklaverei schildert, die es so nicht gab, was in meinen Augen angesichts der belegbaren Gräuel nicht nur völlig überflüssig ist, sondern sogar das tatsächlich stattgefundene Unrecht schmälert. Natürlich handelt es sich bei Underground Railroad nicht um ein Sachbuch, sondern um einen Roman, doch erwarte ich auch hier eine saubere Darstellung der historischen Tatsachen, selbst wenn sich alles, wie der Autor es ausdrückt, „so hätte abspielen können“.

Trotz dieser Kritik empfehle ich \“Underground Railroad\” unbedingt zur Lektüre, denn es ist das richtige Buch zur richtigen Zeit.


TochterAlice
22.08.2017

Eine Roadstory der besonderen Art: Und zwar einer besonders bedrückenden, steht die \“Underground Railroad\” doch in Verbindung mit der jahrhundertelangen Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten von Amerika, für das Sklaventum also. Und doch steht sie auch für etwas sehr Modernes, nämlich für ein Netzwerk der ganz besonderen Art, das bereits vor fast zweihundert Jahren existierte und von dem manch einer noch heute, im Zeitalter der Digitalisierung, lernen kann und das nicht zu knapp: Es wurde just von denen aufgebaut, die am bedürftigsten waren, die der Unterstützung am meisten bedurften, nämlich von der afroamerikanischen Bevölkerung und ihren nicht gerade zahlreichen Freunden. Es ging darum, geflohene Sklaven möglichst sicher, aber natürlich vor allem unauffällig, in den freien Norden zu schaffen. Der Begriff steht für die nahtlose Verbindung, die dafür geschaffen wurde.

In Colson Whiteheads preisgekröntem Roman \“Underground Railroad\” verwandelt sich dieses Netzwerk in eine echte Eisenbahnstrecke, eine geheim verlaufende, über die die Flüchtenden abtransportiert werden. Genau wie in der Realität sind diese wie auch ihre Helfer ständig großen Gefahren ausgesetzt. Ich bewundere die Tatsache, dass in diesem von einem Mann verfassten Roman eine Frau die Protagonistin ist – Cora, eine Sklavin aus Georgia ist die Hauptfigur dieses grandiosen, aufrüttelnden Werks, das nicht allzu vieler Seiten bedarf: knapp 350 genügen dem Autor, um sowohl ihr Martyrium auf der heimischen Farm, die man nicht als Heimat bezeichnen kann ob des Grauens, das sowohl ihr als auch ihren Leidensgenossen widerfährt, als auch die Stationen ihrer jahrelang währenden Flucht darzustellen. Und zwar so eindringlich, anschaulich und bewegend, wie nur irgend möglich! Und ausgesprochen rund, auch wenn ich gut und gerne noch weitergelesen hätte, um die besondere Atmosphäre, die der Autor geschaffen hat, vollends auszukosten. Eines wird deutlich: Es gibt immer Neid und Missgunst. Ganz egal, wo man ist und auch dann, wenn man selbst überhaupt nicht drauf kommen würde. Dieses Buch und seine traurige, realistische Geschichte, die jedoch nicht hoffnungslos ist, lehrt seine Leser, die Achtsamkeit wiederzufinden und in Ehren zu halten, ihrer Gewahr zu sein. Cora lebt dank ihrer Erlebnisse in ewigem Misstrauen und sie tut Recht daran, wie uns immer wieder vor Augen geführt wird. Doch nie verliert sie die Hoffnung und sie wächst an ihren Erfahrungen, sowohl den vielen leid- als auch den eher spärlich gesäten freudvollen. Denn Hoffnung gibt Kraft und diese braucht man, um etwas zu erreichen. Eine überaus lohnende, wenn auch schmerzvolle Lektüre, wie ich finde, aber definitiv ein Roman, den man gestärkt aus der Hand legt. Ein ganz besonderes Buch, das ich jedem empfehle, der immer bereit ist, zu erfahren, wie die Welt zu dem wurde, was sie ist.


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