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"Trotzdem ist ‚Maman‘ kein trauriges Buch. Seine Genauigkeit, seine Schärfe, die gänzliche Abwesenheit von Larmoyanz und Sentimentalität und der gelegentliche Schalk machen es zu einem tief berührenden Lesevergnügen." Franziska Hirsbrunner, SRF2 Kultur, 23.05.23
"Unglaublich packend, hochliterarisch, sehr reflektiert." Elke Heidenreich, SPIEGEL Bestseller – Mehr Lesen mit Elke Heidenreich, 14.05.23
"Sylvie Schenks Kunst besteht darin, dieser unscheinbaren, fast wesenlosen Mutter 'einen luftigen Sarg aus Worten' zu machen, sie durch ihr Schreiben aus dem Nichts zu retten. Schon die zärtliche Anrede 'Maman' zeigt, dass Sylvie Schenk ihrer Mutter, dieser lebenslang ungeliebten Frau, die immer fror, ein Denkmal setzen, ihr Momente von Zuneigung und Zärtlichkeit schenken möchte." Barbara Machui, Der Standard, 13.05.23
"'Maman' ist nicht einfach nur ein Buch über eine Mutter, sondern ein Buch über das Leben selbst.“ Jörg Magenau, SWR2 Lesenswert Kritik, 04.05.2023
"‘Maman‘ ist ein packendes, kluges Buch, das die Epoche der 1940er- bis 1960er-Jahre ebenso scharf konturiert wie die Psyche seines Personals. Sylvie Schenk, die im kommenden Jahr 80 Jahre alt wird, wird noch immer unter Wert gehandelt. ‚Maman‘ wäre eine weitere Chance, daran etwas zu ändern." Christoph Schröder, Süddeutsche Zeitung, 22.04.23
"Gekonnt balanciert die Autorin zwischen Anmaßung und Wahrhaftigkeit." Brigitte Woman, 05/23
"'Maman' ist ein Buch, das mit seiner Vehemenz und analytischen Schärfe, mit Wehmut und ungeheurer szenischer Präzision in den Bann zieht: grosses Zeitpanorama, grosse Poesie." Hansruedi Kugler, Aargauer Zeitung, 20.03.23
"‘Maman‘ [ist] ein starker Aussöhnungstext geworden, der uns Töchtern beibringt, liebevoller auf die Frauen der Generationen über uns zu schauen." Mareike Ilsemann, WDR 5 Bücher, 20.03.23
"Sylvie Schenk macht 'Maman' über die autobiografische Komponente hinaus zum Prototyp einer Frau aus einfachen Verhältnissen, die in den Zwängen einer repressiven Bürgerlichkeit geknebelt ist und darin untergeht, resigniert. ... ‚Maman‘ ist ein bestürzendes und gleichzeitig brillantes Buch, das tiefe Abgründe im Verhältnis einer Tochter und ihrer Mutter, zu ihrer gesamten Familie erahnen lässt. ... Sylvie Schenk (ver-)urteilt nicht, sondern sie stellt dar, beschreibt, hält fest. Und das in einem transparenten, einnehmenden, schnörkellosen und doch eleganten Stil. Dieser Ton macht den Roman trotz der scheinbaren Distanziertheit so berührend und anrührend." Dirk Fuhrig, Deutschlandfunk Lesart, 06.03.23
"Der Roman von Sylvie Schenk über 'Maman' ist eine behutsame Annäherung an ein schweres Schicksal. Aber er ist kein Klagelied, sondern erzählt auch mit Temperament und Witz einfach von dem alltäglichen Stress von Leuten, die sich lieben. … Eine Beschäftigung mit den eigenen Eltern in literarischer Form hat nur Wert und ergibt Sinn, wenn es zu keiner Schönfärberei der Familiengeschichte gerät und eine Art inszenierte Leistungsschau mit ein paar schwarzen Schafen dazwischen wird. Gerade die bedingungslose Suche nach Wahrheit macht ein solches Schreibprojekt auch für andere Leser zu einer wertvollen Lektüre - wie in diesem Fall." Annemarie Stoltenberg, NDR Kultur, 21.02.23
"Dieser gewobene Text … ist auch eine berührende Rehabilitierung dieser Mutter, die nur wenig Mütterlichkeit besaß. Es ist mehr als ein Verzeihen, es ist die unausgesprochene Bejahung dieser Mutter, und zwar exakt so, wie sie war. Die Sprache, die Renée Gagnieux fehlte, hat Sylvie Schenk für sie erfunden. Wäre Sylvie Schenk eine weniger gute Autorin, wäre die Funktion dieses Buches in der Aussöhnung mit der eigenen Biografie erschöpft. Doch Sylvie Schenk ist eine brillante Autorin, die ihren Text über das Biografische hinaus in etwas Universelles überführt." Andrea Zuleger, Aachener Nachrichten, 20.02.23
"'Du darfst alles aufschreiben, ich weiß, dass du es aufschreiben wirst', soll Maman schließlich auf dem Sterbebett gesagt haben. Vielleicht hat Sylvie Schenk nun wirklich Frieden mit ihr, mit sich und der eigenen Herkunft geschlossen. Der Auftrag der Mutter ist jedenfalls das Glück des Lesers, der Leserin: Diese Muttergeschichte ist eine der gleichermaßen lebendigsten, klügsten und berührendsten seit langem." Gerrit Bartels, Tagesspiegel, 17.02.23
5 Fragen an …
Sylvie Schenk
Liebe Sylvie Schenk, im Zentrum Ihres neuen Romans steht Ihre Mutter. Wer war sie?
Meine Mutter war die Frau, die ich im Roman beschreibe: schweigsam, introvertiert, einsam, freudlos, die Frau, die nie über ihre Herkunft geredet hat, ein traumatisierter Mensch, ein misstrauisches Waisenkind. Sie versuchte mühsam, ihre Rolle als Mutter, Hausfrau, Ehefrau eines Zahnarztes ordentlich zu spielen, den Anforderungen gerecht zu werden. Es fiel ihr schwer, sie beklagte sich nie, sie führte nur Selbstgespräche. Meine Mutter war eine Vertreterin ihrer Zeit und Gesellschaft. Ihr Leben ist stark beeinflusst vom Ersten Weltkrieg und seinen Folgen. Und jetzt? Jetzt ist sie eine zärtliche und schmerzhafte Erinnerung. Sie ist der unglückliche Teil von mir, von meinen Geschwistern, der Teil, der nach Liebe und Anerkennung bettelt.
Warum hatten Sie das Gefühl, dass jetzt die richtige Zeit ist, um über Ihre Mutter zu schreiben?
Ich bin jetzt mehr als zehn Jahre älter, als meine Mutter war, als sie starb. Ich darf nichts mehr aufschieben, was für mich wirklich wichtig ist. Ich habe auch in vorangegangenen Büchern von meinen Eltern erzählt, doch nicht genug, nicht tiefsinnig und nicht selbstlos genug. Dieses Buch soll eine Hommage an meine Mutter sein, ein bescheidenes Denkmal.
Wie sah die Recherchearbeit aus?
Es gibt Webseiten, mit deren Hilfe man die Daten seiner Ahnen recherchieren kann. Aber die Hauptrecherchen hat meine Schwester in den Lyoner Archiven geleistet. Wir konnten dort Informationen über unsere Großmutter finden, wo sie gewohnt hat, wann, wo und wie sie gestorben ist. Auch über meine Mutter konnten wir Wichtiges erfahren, über ihre Geburt, ihre Jahre bei Pflegeeltern, ihren Gesundheitszustand. Ich habe dann auch weiter zu den Verhältnissen der Zeit recherchiert, viel erfahren über die Armut alleinstehender Arbeiterinnen, über die Folgen des ersten Weltkriegs in Lyon, über den Aufenthalt verletzter deutscher Soldaten in Lyon. Das alles erlaubte mir, die Geschichte meiner Mutter nachzuvollziehen.
Was haben Sie beim Schreiben dieses Romans über sich selbst gelernt?
Dass auch das Schreiben eines Buches keine Wunden heilt. Das Schreiben eines Buches ist nur eine Art, damit zu leben, denn meine Mutter hat sich selbst in mich eingeschrieben. Es ist auch eine Art, eine Verbindung zwischen Generationen und über zwei Jahrhunderte hinweg herzustellen, eine tiefe Verbindung, die meinen eigenen Blick erweitert und manchmal auch für ein Schwindelgefühl gesorgt hat.
Als Schriftstellerin haben Sie sowohl fiktionale als auch autofiktionale Werke verfasst. Wo liegen für Sie selbst die Unterschiede beim Schreiben?
Für mich gibt es keine nennenswerten Unterschiede. Kann man über die Liebe oder über physische Schmerzen schreiben, ohne jemals selbst geliebt oder gelitten zu haben? Die Fiktion braucht das Fundament der Erfahrung und der eigenen Sensibilität. In meinen früheren Romanen war der Anteil der Fiktion in der Tat viel größer, dennoch habe ich mich immer mit meinen Protagonisten identifiziert, sie waren alle Ableger von mir. Für eines meiner Bücher, Die Tochter des Buchhändlers, habe ich mal einen jungen Schriftsteller erfunden, der im Zug Leute anspricht, sie ganz kurz interviewt und anschließend eine Biografie für sie erfindet, die Biografie, die sie verdienen. In meinen autofiktionalen Werken tue ich eben das. Ich erzähle von echten Fakten, echten Personen und füge Erfundenes hinzu, webe den fehlenden Teil der Biografie neu. Dieser hinzugewebte Teil ist ebenfalls echt, weil er den Lebensumständen, dem Charakter, den Lebensthemen meiner Protagonisten entspricht. Das ist meine Art, ihnen gerecht zu werden. Ich restauriere die Biografie.