5 Fragen an ... Tobias Elsäßer

5 Fragen an ... Tobias Elsäßer

Lieber Tobias, wie kamst du auf die Idee zu Mute?
Die Idee zu Mute liegt schon fünf, sechs Jahre zurück. Ich hatte mir vorgestellt, wie es wäre, wenn man Erinnerungen an- und ausschalten könnte, was das für Vor- und Nachteile bringen würde. Bei meiner ersten Recherche bin ich auf wissenschaftliche Berichte gestoßen, die das gezielte Vergessen zum Thema hatten. Soldaten und Soldatinnen nach Kriegseinsätzen, die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, waren der Ansatzpunkt neuartiger Therapien. Ich dachte eher an Kinder und Jugendliche, die Schlimmes erlebt haben und nicht darüber hinwegkommen. Für sie habe ich mir so einen „Schalter" gewünscht, als ich von der Zunahme an Traumata gelesen habe, die in Zusammenhang mit schlimmen Erlebnissen stehen.

Wie lange hast du an dem Thriller gearbeitet?
Das ist schwer zu sagen. Meist folge ich Ideen über einige Jahre. Lese viel über das Thema, mache Notizen und warte auf den Moment, wo mein Kopf bereit ist, daraus eine Geschichte zu machen. Insgesamt hat es schätzungsweise zwei Jahre gedauert, von der ersten Szene, die ich gefühlt tausendmal umgeschrieben habe, bis zum letzten Punkt.

Was war beim Schreiben die größte Herausforderung?
Die Geschichte nicht mit Details zu überfrachten, sondern bei der Hauptfigur, der 16-jährigen Espe, zu bleiben. Ich wollte sie gemeinsam mit den Lesenden auf eine spannende Spurensuche nach den ersten Lebenserinnerungen und der Wahrheit über ihre Eltern und ihre Geschwister schicken. Dabei sollten Espes Zerrissenheit und Verzweiflung spürbar werden, aber auch ihr kämpferisches Wesen und der Glaube an das Gute und die Liebe in ihrer Familie.

Wo schreibst du am liebsten?
In einem roten Ohrensessel in unserem Wohnzimmer. Mit Rocky, unserem alten schnarchenden Hund, zu meinen Füßen. Den Blick in die Küche gerichtet, wo es mich immer dann hinzieht, wenn ich beim Schreiben nicht weiterkomme, was (leider) oft der Fall ist. Dann koche ich Pasta oder falle über Süßigkeiten her, um die Angst, die Geschichte nicht fertig zu bekommen, zu besänftigen.

Wenn du persönlich die Möglichkeit hättest, eine Erinnerung auszulöschen, würdest du es tun?
Ja, ich glaube schon. Leider hatte ich keine so schöne Kindheit und Jugend. Mein Vater neigte zu Wut- und manchmal auch Gewaltausbrüchen. Das hat mich doch sehr geprägt, und es vergeht kaum eine Woche, in der ich nicht an irgendein Ereignis aus dieser Zeit denken muss. Das ist dann Futter für meine Depression und lässt mich oft auch mit dem „Mannsein" in seinen zerstörerischen Ausprägungen hadern und dem, was der Welt dadurch an Schlechtem widerfährt. Aber wahrscheinlich machen es mir diese Erinnerungen erst möglich, Bücher zu schreiben, die andere Menschen berühren. Vielleicht wäre ich ein anderer Mensch geworden, kein Autor und Musiker, wenn ich „normal" aufgewachsen wäre.

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