5 Fragen an ... Rolf Lappert

5 Fragen an ... Rolf Lappert

Rolf Lappert, in »Über den Winter« passiert auf den ersten Blick wenig, aber auf den zweiten Blick sehr viel. Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Roman gekommen?
Romane entstehen bei mir immer aus zahllosen Einzelteilen, die sich über Jahre ansammeln: mögliche Charaktere und Schauplätze, soziale, politische, kulturelle Themen, Zeitungsartikel, Nachrichten, irgendwo aufgeschnappte Berichte und Anekdoten, Dinge, die mich persönlich beschäftigen und bewegen, Szenen und Dialoge, die ich mir ausdenke, ohne genau zu wissen, ob und wo sie in einen Roman passen könnten, Erlebnisse, Begegnungen, Gespräche – irgendwann habe ich dann tausend Mosaiksteinchen und mache mich daran, die passende Erzählweise, den Stil, den Rhythmus, also die Sprache zu finden, um daraus eine Geschichte zu machen. Denn das ist stets mein Ziel: eine Geschichte erzählen.

»Über den Winter« ist ein großer Familienroman, in dem es auch um den Zerfall einer Familie geht. Warum erzählen Sie die Geschichte von dieser Seite her?
Zuerst: Meiner Meinung nach ist der Familienroman als literarische Form keineswegs überholt, geschweige denn tot, wie es im Feuilleton alle paar Jahre behauptet wird. Die folgende Aussage ist abgenutzt, aber sie stimmt: Eine Familie ist die Welt im Kleinen – vielleicht nicht die ganze Welt, aber ein Teil davon, ein Land, ein Kulturkreis. Ich hatte die Hauptfigur, Lennard Salm, einen nomadisch lebenden Künstler um die fünfzig, dem Begriffe wie Bindung, Sesshaftigkeit, Verantwortung fremd sind. Was kann für einen so gepolten Menschen beängstigender und herausfordernder sein als die eigene Familie, die von ihm plötzlich Entscheidungen verlangt?

Gibt es eine Figur, die Sie besonders ins Herz geschlossen haben?
Ich habe einen tollen älteren Bruder, den ich sehr liebe; eine kleine Schwester wie Bille würde gut zu uns passen, auch wenn sie mit ihrem chaotischen Lebenswandel und ihren wechselnden Launen ziemlich anstrengend sein kann.

Ist das schwere Arbeit, so leicht und schön wie in diesem Roman zu schreiben?
Ich strenge mich tatsächlich ungeheuer an, einen Ton zu finden, der stimmt und der beim Lesen eine gewisse Schönheit aufscheinen lässt. An einzelnen Sätzen feile ich oft eine gefühlte Ewigkeit, lese sie laut vor und verändere die Satzstellung, tausche Wörter aus und kürze oder füge hinzu, bis die Melodie so klingt, wie ich mir das vorstelle. Eine Heidenarbeit und oft Auslöser für die Frage: Was MACHE ich hier eigentlich und warum bin ich nicht Förster geworden und streife jetzt durch den Wald?

Was sagen eigentlich Ihre eigenen Eltern und Geschwister zu diesem Familienroman?
Mein Vater und mein Bruder lesen gerade, und meine Mutter hat schon gelesen. Und mir natürlich ihren mütterlich-liebenden Segen gegeben.

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