5 Fragen an ... Elisabeth Edl

5 Fragen an ... Elisabeth Edl

Liebe Elisabeth Edl, Sie haben die großen Meisterwerke von Gustave Flaubert übersetzt, Madame Bovary, Drei Geschichten und die Lehrjahre der Männlichkeit. Hand aufs Herz, können die Memoiren eines Irren da mithalten?
Obacht! da schreibt sich in einem anfallsartigen, rauschartigen Zustand ein schwer verliebter und romantischer Siebzehnjähriger (!) seinen Weltekel von der Seele, seinen Hass auf die Gesellschaft, und auch seine amourösen Frustrationen, denn die Angebetete ist leider verheiratet. Und danach stopft er die Sache in die Schublade. Nie hätte er das veröffentlicht! An den Lehrjahren der Männlichkeit und an Madame Bovary dagegen hat ein reifer Schriftsteller viele Jahre lang hart geschuftet. Beeindruckend ist, dass selbst diese frühe Fingerübung schon eine ungeheure Sprachkraft besitzt, man staunt, was dieser Kerl alles gelesen hat und womit er sich beschäftigt.

War die Sprache des jungen Flaubert eine andere als die des älteren?
Natürlich war sie anders, der junge Flaubert hat noch nicht so konsequent „flaubertisiert“, also auf perfekte Satzmelodie, Rhythmus, Konstruktion geachtet – aber im Kern ist schon alles da.

Flauberts Éducation sentimentale haben Sie mit Lehrjahre der Männlichkeit übersetzt. Kamen Sie bei diesem Buch jetzt nicht auch in Versuchung, ihm einen neuen Titel zu verpassen?
Für dieses Buch existierten bereits ganz verschiedene Titel: Erinnerungen eines Narren, Erinnerungen eines Toren, Erinnerungen eines Verrückten, und auch Memoiren eines Irren hat es schon gegeben. Ich bin keine rabiate Anhängerin von neuen Titeln; bei den Lehrjahren habe ich's nur gemacht, weil es partout nicht anders ging. Memoiren eines Irren klingt gut und trifft die Sache am besten: da schreibt ein blasierter Siebzehnjähriger seine Memoiren, als läge das ganze Leben bereits hinter ihm, das ist doch phantastisch!

Erkennt man in den Memoiren eines Irren schon den künftigen Meister?
Man erkennt auf jeden Fall ein unglaublich talentiertes Bürschchen! Auch der scharfe, böse Blick auf die Zeitgenossen, auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und Konventionen ist schon da, die Verachtung des bürgerlichen Lebens. In diesem frühen Text steckt eine irre Wucht, eine Wut, aber auch – das merkt man doch sofort – eine große Begabung.

Was, außer Französisch, muss man können, um Flaubert ins Deutsche zu übersetzen?
Vor allem Deutsch. Am wichtigsten ist beim Übersetzen die Sprache, in die man übersetzt. Die muss man beherrschen und lieben. Natürlich muss man sich mit Frankreich auskennen und im neunzehnten Jahrhundert sowieso; sogar dann bleibt aber noch genug zum Recherchieren. Und vielleicht braucht man auch ein bisschen Geduld und Hartnäckigkeit und eine gute Portion Selbstzweifel, damit man sich nicht allzu schnell zufrieden gibt mit den erstbesten Lösungen.

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