Autorinnenschreibtisch: J. Courtney Sullivan

Autorinnenschreibtisch: J. Courtney Sullivan

Das Zentrum meines Lebens

Als ich meinen Job bei der New York Times kündigte um als freie Schriftstellerin zu arbeiten, hat mir mein Mann einen wunderschönen Arbeitstisch gekauft. In unserer ersten Wohnung war er in eine Ecke unseres Schlafzimmers gequetscht; der einzige Ort, an dem er Platz hatte. Dann sind wir nach Brooklyn übersiedelt, in eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern im dritten Stock eines Backsteingebäudes aus dem 19. Jahrhundert, in einer ruhigen Straße mit einer Allee von Bäumen: Das zweite Schlafzimmer wurde mein Arbeitszimmer. Es war aufregend, ein Büro zuhause und ganz für mich allein zu haben. Ich stellte den Arbeitstisch vor das Fenster und meine großen schwarzen Bücherregale an die Wand gegenüber. Mit der Zeit kam ein bisschen mehr dazu, aber der Raum schien immer zu groß für seinen Zweck zu sein. Dann wurde ich schwanger.

Einige Monate später kam jemand vorbei, um Fotos von mir an meinem Arbeitsplatz zu machen. Auf diesen Fotos konnte man meine Bücherregale sehen, die bald von einem Baby-Bett ersetzt werden sollten. Meine Lieblingsbücher auf dem Fensterbrett waren früher stets auf beiden Seiten von Kranichen aus Papier flankiert. Jetzt standen dort bunte Kinderbücher, die von Buchstützen in Elefantenform gehalten wurden.
Mein Arbeitstisch steht noch immer in der Fensternische, obwohl ich dort nicht mehr viel schreibe. Er ist mittlerweile eher der Ort, an dem Bücher landen, die auf Empfehlungen von mir warten, Rechnungen, die bezahlt werden, und Briefe, die beantwortet werden sollten. Heutzutage bin ich ein Nomade mit einem Laptop, jeden Morgen auf der Suche nach einem ruhigen Ort, an dem ich allein bin. Doch der Anblick meines Schreibtischs, wenn ich mitten in der Nacht mein Baby schaukle, erinnert mich jedes Mal daran, dass Schreiben immer das Zentrum meines Leben war, und es bleiben wird, was auch immer sich ändern mag.

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