5 Fragen an ... J. Courtney Sullivan

5 Fragen an ... J. Courtney Sullivan

J. Courtney Sullivan, Sie waren selbst am Smith-College, das in Ihrem Roman Aller Anfang eine große Rolle spielt … was hat das für Ihr Leben bedeutet?
Meine Jahre am Smith College haben einen großen Anteil daran, dass ich die Frau geworden bin, die ich bin … sowohl privat als auch beruflich. Auch fünfzehn Jahre nach dem Abschluss bin ich noch immer sehr eng mit meinen Freundinnen aus dem College, auch wenn sich unser Leben ganz unterschiedlich entwickelt hat. In letzter Zeit habe ich so oft von berühmten Schriftstellerinnen gehört, dass sie erst lernen mussten, dass nicht alles, was in der Literatur von Bedeutung ist, vor langer Zeit geschrieben wurde, von Männern weißer Hautfarbe. Ich bin dankbar, dass ich nie diese Vorstellung hatte. Weil ich an einem College für Frauen war, wo das Denken von Frauen gefeiert wurde und niemals als zweitrangig gegenüber dem von Männern betrachtet wurde, habe ich nie gedacht, dass eine Geschichte, die von oder über Frauen geschrieben wurde, weniger wichtig wäre.

Von den vier jungen Frauen, deren Leben wir in Aller Anfang über viele Jahre begleiten, ist Celia die Figur, die Ihnen am nächsten steht?
Celia ist fraglos die Figur, die mir am meisten ähnelt, was ihre Biographie betrifft – wir kommen beide aus einer großen irischen katholischen Familie, wir sind beide nach dem College nach New York gegangen und haben gehofft, Schriftstellerin zu werden. Ich glaube, all diese vier jungen Frauen haben in Wahrheit Anteile von mir und von vielen meiner Freundinnen. Aber keine soll irgendeine bestimmte Person darstellen.

Wie würden Sie die anderen drei Frauen beschreiben?
Als ich auf das College kam, habe ich zum ersten Mal viele Leute getroffen, die einen ganz anderen Hintergrund hatten als ich selbst. Studentinnen aus dem ganzen Land, aus der ganzen Welt. Junge Frauen, die mehr Geld hatten als irgendjemand, den ich bis dahin gekannt hatte, junge Frauen aus sehr unterschiedlichen Familien. Und dennoch haben wir gemeinsam in einem Haus geschlafen, hatten gemeinsam Unterricht, aßen gemeinsam das gleiche Essen, lebten das gleiche, sehr spezielle Leben. Ich habe versucht, das in der Dynamik des Romans einzufangen. Jedes der vier Mädchen kommt aus einer ganz anderen Welt und musste sich ganz eigenen Herausforderungen stellen. Sally hatte ein sehr privilegiertes Leben, hat aber ihre geliebte Mutter an den Krebs verloren; April ist die Tochter einer alleinerziehenden Mutter und hat von ihr radikale politische Ansichten geerbt. Celia hat Heimweh nach ihrer großen Familie, nachdem sie jahrelang davon geträumt hat, endlich auf eigenen Beinen zu stehen; Bree ist eine Südstaatenschönheit, die mit einem Freund aus ihrer Schulzeit verlobt ist, als sie am College ankommt, und dort eine Liebesbeziehung mit einer Frau beginnt.

Aller Anfang ist, unter anderem, ein Roman darüber, wie man seinen Weg im Leben findet … würden Sie sagen, dass das heute schwieriger ist als früher?
Ich bin 37. Als ich diesen Roman geschrieben habe, vor zehn Jahren, sagte eine Freundin zu mir, dass wir zu der ersten Generation von Frauen gehören, die alle Möglichkeiten dieser Erde haben, aber keine Ahnung, welche sie wählen sollen. Es kommt mir manchmal tatsächlich so vor. Zumindest in Amerika haben die Frauen in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, was die Arbeitsmöglichkeiten betrifft. Und doch ist unsere Kultur voll von Sexismus. Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Frauen sind immer noch zumeist die, die für Haushalt und Familie zuständig sind. Ich denke, es ist kompliziert. Aber als ich gerade mit dem Buch fertig war, hörte ich die Feministin Gloria Feldt bei einer Diskussion sagen, dass sie genug davon hätte, zu hören, wie sich Frauen darüber beklagten, zu viele Möglichkeiten zu haben. „Wir haben nie gesagt, dass es ein Allheilmittel sein würde, die Möglichkeit der Wahl zu haben, sondern dass es ein Recht sein sollte, und dass Frauen dieses Recht viel zu lange nicht hatten.“ Das war eine große Erleuchtung für mich. Die Schwierigkeiten, mit denen sich meine Generation herumschlägt, sind Luxusprobleme, die wir nur haben, weil die Frauen, die vor uns da waren, den Weg für uns geebnet haben.

Aller Anfang ist auch eine sehr schöne Geschichte über Liebe und Freundschaft … sehr verschiedene Arten von Liebe und Freundschaft. Was, glauben Sie, ist dafür essentiell?
Was die romantische Liebe in diesem Buch betrifft, so wundern sich die Frauen oft, in wen sie sich verlieben, und wieso. In dieser Beziehung kommt keine mit der Person zusammen, von der sie sich das gedacht hatte. Wir lernen die Mädchen als Studentinnen kennen, aber begleiten sie auch noch danach, in ihren Zwanzigern, als ihr Leben sich unterschiedlich schnell verändert … eine heiratet, während die anderen mit vielen verschiedenen Leuten ausgehen. Eine verdient wesentlich mehr als alle anderen, eine will die politischen Ideale ihrer Jugend nicht aufgeben. Ich wollte mich damit auseinandersetzen, was die Zeit aus einer Freundschaft macht, und wie die Freundinnen damit umgehen, dass Menschen – vor allem die, die wir kennenlernen, wenn wir noch jung sind – sich im Lauf der Zeit verändern und entwickeln.

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