5 Fragen an ... Rosemarie Tietze

5 Fragen an ... Rosemarie Tietze

Frau Tietze, mit Schwarze Schwäne liegt erstmals ein Erzählungsband von Gaito Gasdanow auf Deutsch vor. Inwiefern unterscheiden sich die Erzählungen von seinen Romanen?
Gasdanow ist in allem, was er schreibt, ob Roman oder Erzählung, ein sensibler Stilist. In der Kurzprosa fallen seine Wortkunst und sein harmonischer Satzfluss besonders ins Auge. Hier setzt Gasdanow, wie mir scheint, die große russische Erzähltradition eines Tschechow und Bunin fort.

Für den Band haben Sie eine Auswahl aus allen Schaffensperioden des Autors zusammengestellt. Wie haben Sie diese Auswahl getroffen und was war Ihnen wichtig dabei?
Meine Auswahl zeichnet Gasdanows Lebensgeschichte nach, gleichsam aus Distanz, ohne seiner eigenen Biographie allzusehr nahezurücken: erst die Bürgerkriegswirren im nachrevolutionären Russland, dann Schicksale aus den Notzeiten der ersten Emigration in Frankreich, schließlich das später abgeklärtere Leben im Exil.

Tod und Selbstmord sind wiederkehrende Motive im Werk Gasdanows, in den Romanen wie den Erzählungen. Wieso, glauben Sie, war das Thema Tod für ihn so wichtig?
Wie wirkt sich der Krieg auf einen Sechzehnjährigen aus, der als Soldat auf einem Panzerzug dient? Natürlich ist er in seinem Innersten versehrt, und das Thema Tod wird ihn ein Leben lang begleiten. Erstaunlich ist, wieviel Lebensmut, Ironie und Witz die Geschichten trotzdem enthalten; Gasdanows Umgang mit dem Tod hat etwas Tröstliches.

Gasdanows Frauenfiguren sind oft eine Art Sehnsuchtsmoment. Wie sehen Sie die Bedeutung des Weiblichen in seinem Werk?
Oh, diese Gasdanowschen Frauen faszinieren mich immer wieder neu! Es sind starke, eigenwillige Persönlichkeiten, die ihren Weg gehen, und selbst wenn sie irren oder abstürzen, bleibt ein Rest Bewunderung.

Was macht Gasdanows Schreiben in Ihren Augen so zeitlos?
Gasdanows Blick geht stets nach innen, ihn interessieren politische Ereignisse nicht unmittelbar, sondern nur deren zerstörerische Auswirkung auf die menschliche Psyche. Dabei stellt Gasdanow Seelenlandschaften dar, ohne zu verurteilen, seine Sicht auf den Menschen ist so offen wie seine Erzählform.

Newsletter
Newsletter