5 Fragen an ... Peter Henisch

5 Fragen an ... Peter Henisch

Wie ist die Idee entstanden, aus Ihrem Leben „entlang“ Ihrer Katzen zu erzählen?
Ich habe immer Nähe zu Katzen empfunden. Das Gefühl einer gewissen Verwandtschaft, was Vorlieben und Abneigungen betrifft. Und das beginnt mit der ersten Katze in meinem Leben.
Die Katze und ich nebeneinander: Das ist die Konstellation, von der ich ausgegangen bin und auf die ich immer wieder zurückkomme.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „Suchbild“?
Das ist ja ein Buch der Suche und der Erinnerung. Womöglich auch ein Buch der Selbstvergewisserung. Aus einer Situation heraus begonnen, in der ich mich ganz bewusst erinnern wollte. Ich will mich erinnern, aber vielleicht kann ich damit auch uns erinnern. Das scheint mir heute jedenfalls angebracht. In einer Zeit galoppierender Amnesie. Woher kommen wir, wohin gehen wir, wieso ist es so gekommen, was ist davon geblieben? Mein Suchbild ist ein sehr persönliches Buch, aber das sind ja nicht nur mich betreffende Fragen.

Die Wohnungen, die sie bewohnt haben und bewohnen, sind in Ihrem Text atmosphärisch sehr dicht beschrieben. Was bedeutet Ihre Umgebung für Sie bei Ihrer literarischen Arbeit?
Erinnerungen steigen aus der Umgebung auf, in der die Ereignisse, an die man sich erinnern will, stattgefunden haben. Die Wohnungen, die Häuser, die Bezirke, in denen wir gewohnt haben, sind nun einmal die unmittelbarste Umgebung. Will man die Erinnerung in Schwung bringen, so ist es ratsam, sich zuerst einmal dieses Ambiente zu vergegenwärtigen. Das ist eine gute Methode, die schon Autoren der Antike empfehlen.
Mein bis zu einem gewissen Grad autobiografisches Schreiben ist aber nicht einfach das Aufschreiben oder Abschreiben der Erinnerungen, die mir dann durch den Kopf laufen. Das ist ja auch und vor allem kreative Arbeit mit Erinnerungsmaterial. Was die Umgebung betrifft, in der ich gut schreiben kann: Rund um mich soll es nicht laut sein, nicht kalt sein, kein Nervosität und kein Stress soll in der Luft liegen, niemand soll mir mit irgendwelchen Vorschriften auf die Nerven gehen. Kurz: Wo sich Katzen wohl fühlen, fühle ich mich auch wohl.

Hatten Sie bei diesem Text bestimmte Vorbilder oder Inspirationen?
Einer der Autoren, von denen ich mich schon beim Schreiben einiger früherer Bücher angeregt gefühlt habe, ist E.T.A. Hoffmann. Weniger durch seine Art zu schreiben, als durch seine Motive. Jetzt werden Sie vielleicht sagen, natürlich, bei einem Suchbild mit Katze ist Hoffmann natürlich mit seinem raffinierten Roman über die Lebensansichten des Katers Murr Pate gestanden. Und den schätze ich ja wirklich sehr und der wird in meinem aktuellen Buch selbstverständlich auch zitiert, aber der doch etwas weniger bekannte Text, der mich in diesem Fall noch mehr inspiriert hat, heißt Des Vetters Eckfenster.
Diese kurze, späte Hoffmann-Geschichte war vor allem anregend durch ihre Perspektive. Die eines kranken, gelähmten Mannes, der durch den Blick aus seinem Fenster neuen Lebensmut gewinnt. In meinem Suchbild wird ja anfangs auch aus so einem Fenster geschaut. Der Blick aus dem gegenwärtigen Fenster evoziert die Erinnerung an Fenster, aus denen ich in der Vergangenheit geschaut habe.

Die Kritik hat manchmal hervorgehoben, dass sich Ihre Bücher erstaunlich leicht lesen. Schreiben sie sich auch so leicht?
Nein, keineswegs. Aber das muss man ihnen nicht anmerken. Ich arbeite mit den Worten, mit den Sätzen, mit den Absätzen, wie ein Komponist mit seinen Noten. Da dauert es manchmal sehr lang bis das in meinen Ohren richtig klingt. Ich glaube, in meinen Büchern gibt es kaum einen Satz, den ich nicht mindestens zehn Mal modifiziert habe.
Doch dass das im Endeffekt leicht wirkt, ist mir schon recht. Lesen von Literatur soll ja nicht nur anstrengend sein, sondern durchaus auch eine Freude. Es ist mir allerdings lieber, wenn das nicht zu oberflächlichem Lesen verführt. Wenn man die Vielschichtigkeit des Textes, die fast immer mitgelieferte Reflexion auf seinen Entstehungsprozess, die romantische Ironie und noch einiges mehr nicht wahrnimmt, so ist das, wie wenn man ein mit viel Kochkunst und Liebe zubereitetes Gericht einfach hinunter schlingt, ohne zu merken, was man da alles hätte schmecken können.

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