Julia von Lucadou: Tick Tack
Benglen
Kulturgruppe Fällanden CH,
Buchenweg 9,
8121 Benglen
Nach ihrem Debüt "Die Hochhausspringerin" das neue Buch von Julia von Lucadou: ein kluger Roman über unsere Gegenwart – "liest sich irre gut, schnell, spannend, die Figuren stehen einem vor Augen.“ Juli Zeh
Bevor sie sich auf die U-Bahngleise legt, kündigt Mette, 15, in TikTok-Videos ihr Vorhaben an. Niemand reagiert – gerettet wird sie trotzdem. Der Selbstmordversuch verwirrt ihr privilegiertes Umfeld: Bislang hat sie professionell die Leistung des hochbegabten Kindes abgeliefert – Mettes Strategie, um unter dem Radar einer Welt zu bleiben, deren Verlogenheit sie frustriert. Dann lernt sie Jo kennen, zehn Jahre älter, brillant und voller Wut, ein Verbündeter. Als Anti-Influencer hat er sich ein Following aufgebaut und rekrutiert Mette für den Kampf gegen den Mainstream. Ein Spiel beginnt, dessen Regeln sie nicht durchschaut.
Mit gleißender Klarheit und schneidendem Witz zeigt Julia von Lucadou einen Ausschnitt unserer Gegenwart, in der die digitale und reale Wirklichkeit sich komplett durchdringen.
„Ich bin unfassbar beeindruckt von der Sprache ihres Textes und von dem Witz und dem Humor, der da drinsteckt, und davon, mit welcher narrativer Souveränität sie gegenwärtige Themen behandelt. … Ich habe das Buch in zwei Tagen in einem leichten Rausch gelesen.“ Daniel Schreiber, hr2 Kultur, 17.07.22
"Ein Roman mit gesellschaftlicher Dringlichkeit, der sprachlich und formal originell Einblicke ins Denken und Fühlen der jungen Generation gewährt. … Julia von Lucadou lässt eine 'Community' von jungen Leuten zu Wort kommen, die sich fast nur digital austauschen. ... Zeitgemäßer kann ein Buch kaum sein." Manfred Papst, SRF Bestenliste Juli, 30.06.22
„Es ist ein guter Roman, ... er ist sehr böse, sehr zynisch, auch spannend und ziemlich beunruhigend … und ein Roman, der immer wieder auch ziemlich witzig ist.“ Dorothee Meyer-Kahrweg, hr2 Kultur, 29.06.22
"Wer wirklich etwas über das Jungsein erfahren will, der sollte dieses Buch dringend lesen. ... Es zeigt die düstere Größe dieses besonderen Lebensalters kompromisslos, hellsichtig, unerbittlich im Urteil, gesegnet mit einem klaren Blick auf die Wahrheit hinter der menschlichen Komödie der Erwachsenenwelt. .... das liest sich irre gut – schnell, spannend, die Figuren stehen einem vor Augen." Juli Zeh, Edle Federn- Podcast, 26.06.22
"Mit ihrem zweiten Roman 'Tick Tack' erweist sich Julia von Lucadou erneut als Autorin, die sich intensiv mit aktuellen technologischen Entwicklungen auseinandersetzt. ... Packend bis zum fulminanten Finale." Felix Münger, Radio SRF 2 Kultur, 03.06.22
"Die Gleichzeitigkeit von verschiedenen Kommunikationsebenen und die Sucht nach ständiger Aufmerksamkeit und nach Reaktionen der anderen werden in dem Roman eindrücklich beschrieben." Marie-Dominique Wetzel, SWR2, 01.06.22
"Ein eindringlichen Gegenwartsroman, der vor aktuellen Themen nur so strotzt, von der Verquickung von Misogynie und rechtem Denken in den sozialen Netzwerken bis hin zur Anti-Corona-Bewegung und der Spaltung der Gesellschaft. ... Der Roman zeigt, wie sehr Social Media die Weltwahrnehmung heutiger Teenager:innen durchdringt und formt." Oliver Pfohlmann, Tagesspiegel, 15.05.22
"Fulminanter Zeitgeist-Roman ... von explosiver Kraft, bei dem der Zeitzünder von Anfang an mitläuft. Rasant, gegen Ende beinahe atemlos, schraubt er sich hinein in die Corona-Zeit, und wird gleichsam zum Live-Kommentar unserer Gegenwart. … Den Jargon der Generation Z hat Lucadou beinahe verstörend gut getroffen." Anja Kümmel, Die Zeit, 16.04.22
"Das ist ein Buch, an dem ich erst mal viel Spaß hatte, immer mal kichern musste beim Lesen, dann wird dieses Buch aber immer unheimlicher, weil es mitten hineinleuchtet in den ganzen Wahn und die Kämpfe der Coronazeit." Frank Meyer, Deutschlandfunk Kultur, 11.04.22
"Atemberaubend … Julia von Lucadou überwältigt durch eine allumfassende Neuerfindung der Sprache. … Durch die Kombination aus Wortkreationen und denglischem Digital Sound schafft sie eine phantastische Romankonstruktion, die eines eindrücklich beweist: Das Buch steht in seiner reflexiven Kraft den neuen Medien in Nichts nach. Im Gegenteil: Es hilft uns dabei, sie noch besser zu verstehen." Björn Hayer, NZZ am Sonntag, 27.03.22
Julia von Lucadou
Dein letzter Roman, Die Hochhausspringerin ist in einer dystopischen Zukunft angesiedelt, die beim Lesen zunehmend ihre Ferne verliert und erschreckend nah kommt. Tick Tack, dein neuer Roman spielt in der unmittelbaren Gegenwart, fast in Echtzeit. Wie hast Du das beim Schreibprozess empfunden, was erfindet sich leichter, die Zukunft oder die Gegenwart?
Ich schreibe, um die Welt, in der ich lebe, besser zu verstehen. Beide Romane sind aus meiner Auseinandersetzung mit persönlichen und gesellschaftlichen Krisen in der Gegenwart entstanden. Und dabei hilft es mir, Beobachtungen zu verdichten oder zuzuspitzen. In Die Hochhausspringerin habe ich meine realen Erfahrungen ins Dystopische zugespitzt. Auch Tick Tack beruht auf eigenen Erfahrungen und auch dort gibt es ein gewisses Maß an Zuspitzung – durch den sarkastischen, fast satirischen Humor, mit dem die junge Protagonistin Mette die Welt betrachtet. Schwer zu sagen, was leichter ist: In Die Hochausspringerin habe ich eine komplett eigene Welt erfunden und musste die kleinsten Details mitdenken, andererseits hatte ich dadurch auch ganz viel kreativen Freiraum. Da Tick Tack, wie du sagst, „in Echtzeit“ spielt, hat sich der Text ständig verändert und angepasst. Es gab viel mehr direkte Impulse von außen – wie die Coronakrise, die ich nicht ignorieren konnte und auf die ich reagieren musste. Es fühlte sich ein bisschen an wie ein Live-Kommentar, was anstrengend war, aber auch sehr cool, weil ich eine Möglichkeit hatte, das Ganze durchs Schreiben direkt zu verarbeiten.
Tick Tack wird aus zwei Perspektiven erzählt, abwechselnd sind wir bei Mette (15) und Jo (26) – und schauen ganz unmittelbar in ihre Gedanken-und Gefühlswelt. Beide Figuren haben jeweils einen ganz eigenen, intensiven, charakteristischen Ton. Wie bist Du beim Schreiben vorgegangen, hast Du die Szenen auch jeweils im Wechsel geschrieben, oder bleibst Du beim Schreiben über längere Strecken bei einer Figur?
Schreiben ist für mich ein bisschen wie Schauspielern. Ich tauche ganz tief in die Figuren ein, aus deren Sicht ich schreibe, und beginne dann sozusagen innerlich ihre individuelle Sprache zu sprechen und ihre Gefühle zu fühlen. Das heißt, wenn ich bei Mette war, habe ich diese pubertäre Explosionskraft und den Witz, die in ihr stecken, sprachlich nachvollzogen. Und wenn ich bei Jo war, seinen recht aggressiven Wutpanzer, hinter dem sich viel Verletzung versteckt. Irgendwann hatte ich beide so verinnerlicht, dass ich relativ leicht zwischen ihnen hin und her wechseln konnte.
Mette und Jo, die beiden Hauptfiguren Deines neuen Romans, sind beide hochintelligent und wissen das auch, sie treffen sich in ihrem Selbstverständnis, die Dinge besser zu durchschauen als die meisten anderen Menschen. Gleichzeitig transportieren ihre scheinbar rationalen Äußerungen unheimlich starke, auch ungefilterte Emotionen wie Wut, Hass, Verzweiflung. Was hat Dich an dieser explosiven Mischung gereizt?
Mich fasziniert diese Kombination aus Intelligenz und unreflektierter Wut, weil sie eine ziemliche Zeitbombe ist. Wir lächeln oft über Verschwörungstheoretiker, Trump-Anhänger, Querdenker, Esoteriker und Co. und tun sie als leichtgläubig ab. Aber dahinter stecken oft sehr intelligente, sehr verzweifelte Menschen, die keinen gesunden Weg gefunden haben, mit ihrer Verzweiflung umzugehen. Deren Gefahrenpotenzial darf man nicht unterschätzen. Ich selbst kenne persönlich einen solchen Menschen, der seit Jahren mit großer strategischer Intelligenz sehr skurrile und zum Teil extrem toxische, gefährliche Theorien vertritt. Der Impuls, ihn verstehen zu wollen, war auch ein Antrieb, meinen Roman zu schreiben.
Auffallend in Deinem Text ist, dass es kein Gut und kein Böse gibt. Alle Figuren sind facettenreich und widersprüchlich. Ist das ein künstlerisches Credo?
Haha, nein, es entspricht einfach meinem Menschenbild. Menschen sind doch immer widersprüchlich und viel komplexer als Gut oder Böse, das macht sie gerade interessant. Ich suche mir gerne Figuren aus, die auf den ersten Blick vielleicht unsympathisch wirken und deren Verhalten undurchsichtig ist. Durchs Schreiben erkenne ich dann, was sie antreibt und wie vielschichtig sie sind. Das schafft Empathie. Mir geht es darum, mich Menschen anzunähern, die anders denken als ich, und Verständnis und Mitgefühl für sie aufzubauen – und mit mir dann hoffentlich auch die Leser*innen.
Muss ich als Leserin selbst auf Social Media unterwegs sein, um alle Nuancen Deines Romans zu durchdringen?
Ich bin selbst nicht auf Social Media unterwegs! Ich beobachte natürlich, was dort passiert, weil ich es faszinierend und wichtig finde, aber aktiv beteiligt bin ich nicht. Natürlich kann ich keinen Roman aus der Sicht einer 15-Jährigen in der Jetztzeit schreiben, ohne dass Social Media eine Rolle spielt. Aber um den Roman zu verstehen, muss man die Begriffe oder die Memes, die Mette und Jo verwenden, nicht kennen. Die meisten sind ziemlich selbsterklärend. Und der Rest darf auch gerne ein bisschen rätselhaft bleiben. Jede Generation hat ihre Geheimsprache und das finde ich schön.
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