Presse
„Das Buch ist in einer so klaren, unverstellten Sprache der Humanität geschrieben, dass man sich beweg hineinliest in das Leben dieser Frau.“ Gabriele von Arnim, Die Zeit, 12.01.17
"Es überwiegen diskret einfühlsame Alltagsbeobachtungen, die weit beredter Zeugnis ablegen. Die Schilderung von Not und Angst, der abenteuerlichen Fluchtversuche in die Schweiz sind packend. Zudem malt Frenkel ein Sittengemälde vom Vichy-Frankreich, dessen Ambivalenz fasziniert." Niklas Bender, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.11.16
"Es scheint fast, als könne man aus Frenkels Buch den schwerelosen Stil von Modiano herauslesen – als sei Françoise Frenkel, diese Person, von der es kein Bild gibt, keine genauen Daten und kaum Übriggebliebenes, am Ende eine Erfindung eines Literaturnobelpreisträgers. Alle Gesprächspartner haben den phantomhaften Charakter des Buchs betont, das Mysteriöse seiner Publikationsgeschichte …" Fabian Federl, Der Tagesspiegel, 23.07.16
"Eine intime Kostbarkeit ist dieser vermutlich schnell niedergeschriebene Text. Er leistet das, was Frenkel, von der wir kein Foto kennen, in ihrer Vorbemerkung fixiert hat: 'Es ist die Pflicht der Überlebenden, Zeugnis abzulegen, damit die Toten nicht vergessen, noch Hilfsbereitschaft und Aufopferung Unbekannter missachtet werden.'" Martin Oehlen, Kölner Stadt-Anzeiger, 28.07.16
"'Nichts, um sein Haupt zu betten' ist Autobiografie, ist Mahnung, ist eine Verneigung vor jenen, die in finsteren Tagen Mensch geblieben sind. Eine Liebeserklärung an die Literatur ist es auch – und selbst Literatur, die sich nicht darum bemüht hat, eine solche zu sein, aber stets richtige Worte fand." Peter Pisa, Kurier, 13.08.16
"Anschaulich, literarisch anspruchsvoll, dabei direkt und mit vielen Dialogen, schildert Frenkel das geistige Klima der Jahre 1920 – 1943." Carsten Hueck, Deutschlandradio Kultur Buchkritik, 28.07.16
"Die Autorin erzählt darin die spannende, ja streckenweise unglaubliche Geschichte ihres Überlebens in der NS-Zeit." Martin Doerry, Literatur Spiegel, August 2016
"Dieses Buch ist ein Kleinod, über dessen Wiederentdeckung man sich nur freuen kann." Katja Weise, NDR Kultur Neue Bücher, 01.08.16
"Noch eine Überlebensgeschichte aus dem katastrophischen 20. Jahrhundert also? Wer da müde abwinken will, dem sei geantwortet: Ja, aber der besonderen Art. … Dieses Buch hat das Zeug, uns den Glauben an das Gute im Menschen zurückzugeben." Tilman Krause, Die Welt, 03.09.16
5 Fragen an …
die Übersetzerin Elisabeth Edl
Was unterscheidet Françoise Frenkels Buch Ihrer Meinung nach von anderen Zeugnissen aus der Zeit? Was macht es in Ihren Augen besonders?
Françoise Frenkel hat ihr Buch sehr früh geschrieben, noch während des Krieges. Nachdem sie es im Juni 1943 geschafft hatte, illegal über die Grenze in die sichere Schweiz zu gelangen, muss sie sich sofort hingesetzt und ihre Erlebnisse aufgezeichnet haben, aus einem Gefühl der Dringlichkeit heraus. Sie war mit knapper Not der Deportation entgangen, sie hatte eine harte Zeit hinter sich und schrieb unter dem unmittelbaren Eindruck des Erlebten. Vielleicht konnte sie auf persönliche Notizen zurückgreifen, doch andere Hilfsmittel, wie etwa politische und historische Dokumente, Bücher oder Archive, standen ihr gewiss nicht zur Verfügung – umso erstaunlicher ist es, wie präzise sie sich an unendlich viele Details erinnert, die nicht nur sie selbst betreffen, sondern auch das Schicksal vieler Leidens- und Fluchtgenossen im Frankreich der Jahre 1940 bis 1943. Einen ganz besonderen Reiz hat für mich auch das erste Kapitel des Buches, die Seiten über Berlin in den 20er und 30er Jahren, über die kleine französische Kolonie und die kosmopolitisch bunte Gesellschaft, die in Frenkels Buchhandlung verkehrt.
„Nichts, um sein Haupt zu betten“ ist das einzige Buch von Françoise Frenkel. Woher kam Ihrer Meinung nach ihr dringendes Bedürfnis, von ihrer Flucht zu erzählen?
Françoise Frenkel war ganz offensichtlich eine kluge, selbstsichere und couragierte Person. Geboren 1889 in der Nähe von Lodz, hat sie vor dem Ersten Weltkrieg in Paris an der Sorbonne Literatur studiert und danach noch eine Buchhändlerlehre gemacht. Das ist schon ziemlich bemerkenswert. Und 1921, also kurz nach Kriegsende und in einer sehr gespannten, feindlichen Atmosphäre zwischen Franzosen und Deutschen, geht sie nach Berlin, eröffnet ausgerechnet eine französische Buchhandlung und führt diese bis 1939, obwohl sie Polin ist und Jüdin – das zeigt schon, sie war eine Frau, die sich nicht so leicht unterkriegen ließ. Diesen ungeheuren Durchhaltewillen stellt sie auch später während ihrer Flucht durch Frankreich unter Beweis. Und als sie es geschafft hat, als sie gerettet ist, will sie einerseits „Zeugnis ablegen“, wie sie in ihrer Vorbemerkung ausdrücklich sagt. Darüber hinaus will sie aber all jener gedenken, die es nicht geschafft haben, „die für immer verstummt sind“ – damit meint sie Personen, denen sie während ihrer Flucht begegnet ist, aber wohl auch einen Teil ihrer Familie in Polen. Und nicht zuletzt ist ihr Bericht ein Buch des Dankes, des immensen Dankes an die „Menschen guten Willens“, die ihr immer wieder geholfen, sie aus größter Not errettet haben, oft unter Gefährdung des eigenen Lebens. Nicht zu vergessen: Frenkel ist seit ihrer Kindheit in Bücher vernarrt, da ist es nicht verwunderlich, dass sie ihre Erlebnisse schriftlich festhalten will. Mich erstaunt eher, dass „Nichts, um sein Haupt zu betten“ ihr einziges Buch geblieben ist.
Wie würden Sie Frenkels Stil beschreiben?
Man spürt, sie ist eine literarisch gebildete Person, sie hat ein Gefühl für Sprache und Ausdruck. Sie muss schon als Kind in Polen Französisch gelernt haben, denn sie schreibt ein sehr gepflegtes, nuancenreiches Französisch. Und sie ist eine ausgesprochen gute Beobachterin. Das merkt man an den Porträts, die sie von den vielen Menschen zeichnet, die ihren Weg gekreuzt haben. Mir hat die Nüchternheit und Präzision ihres Stils gefallen, sie will möglichst genau berichten, aufrichtig sein, nichts vergessen. Sie wählt ihre Worte mit Bedacht, verzichtet auf unnötige Ausschmückungen.
Françoise Frenkel war Polin und leitete vor ihrer Flucht achtzehn Jahre lang die erste französische Buchhandlung in Berlin. Was faszinierte sie so an der französischen Literatur und Kultur?
Sie ist umgeben von Büchern aufgewachsen, schon in ihrer exzentrisch gestalteten Jungmädchenbibliothek zuhause in Polen finden sich französische Autoren. Entscheidend waren dann sicher die Studien- und Ausbildungsjahre in Paris. Das Quartier Latin mit seinen unzähligen Buchhandlungen, die Bouquinisten auf den Quais entlang der Seine, die großen Bibliotheken machen sie vollständig zu einer Büchernärrin im besten Sinn des Wortes, denn sie begeistert sich nicht nur für das, was sie liest, sondern auch für die Gestaltung, das handwerklich Gutgemachte von Büchern. Und da ist sie natürlich in Paris am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Sie ist eine Buchhändlerin aus Leidenschaft.
Hat die Übersetzung dieses Buches Sie vor bestimmte Herausforderungen gestellt? Welche?
Frenkels schnörkelloser Stil kommt mir sehr entgegen, so etwas mag ich. Ich hatte immer das Gefühl, ein ehrliches Buch vor mir zu haben – das liegt irgendwie auch an der Art und Weise, wie es geschrieben ist. Obwohl ich mich mit der Zeit und den historischen Hintergründen ziemlich gut auskenne, musste ich doch immer wieder verschiedene Details recherchieren, um die richtigen deutschen Ausdrücke zu finden für Begebenheiten, von denen Frenkel erzählt, oder um bestimmte Fakten korrekt einordnen zu können. Das macht die Übersetzungsarbeit aber nur noch interessanter.