5 Fragen an ... Rüdiger Safranski

5 Fragen an ... Rüdiger Safranski

Lieber Rüdiger Safranski, was war Ihre erste Kafka-Lektüre?
Wir hatten in der Oberstufe des Gymnasiums in Rottweil einen sehr guten Lehrer, der mit uns Schülern in einem Extrakurs Kafkas »Das Urteil« gelesen hat. Das war der erste Text. Ich habe dann im Abiturjahr als Hausarbeit das Thema »Kafka. Vor dem Gesetz - Die Parabel seiner Existenz« gewählt. Das war 1963. Seitdem hat mich Kafka nicht mehr losgelassen.

War Kafka damals noch ein Geheimtipp oder schon Weltliteratur?
Er war ein Geheimtipp, aber bereits mit dem deutlichen Hinweis darauf, dass er Weltliteratur sei, bloß hätten das die meisten noch nicht gemerkt. Man zählte sich deshalb zu den wenigen »Eingeweihten«.

Waren Sie verstört oder fasziniert?
Man fühlte sich wie von einem Geheimnis angeweht. Eine unglaubliche Lust, sich auf das Labyrinthische von Bedeutungen einzulassen. Bei Kafka war einfach viel zu holen, auch die verrücktesten Spekulationen.

Gibt es für Sie in Kafkas Werk einen Text, der Ihnen besonders imponiert?
Mein Lieblingsbuch ist »Das Schloss«. Ein wunderbarer und rätselhafter Roman über die Unmöglichkeit, wirklich anzukommen. »Ankommen« in allen Bedeutungen, die das Wort haben kann.

Kafka für Anfänger: Was empfehlen Sie?
»Ein Bericht für eine Akademie« als erste Kostprobe zusammen mit »Das Urteil«. Beides sind relativ kurze Texte. Wer Road Movies liebt, sollte unbedingt mit dem Amerika-Roman, heute heißt er »Der Verschollene«, anfangen. Wer sich an einem höchst spannenden Kriminalroman ohne Tat und Täter versuchen will, dem ist der Roman »Der Prozess« zu empfehlen. Wenn er ungeduldig wird, dann lese er die darin enthaltene (und auch selbstständig veröffentlichte) kurze Parabel »Vor dem Gesetz«. Ein ungeheures Stück. Da kommt man ins Grübeln.

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