5 Fragen an ... Rudolf Taschner

5 Fragen an ... Rudolf Taschner

Herr Professor Taschner, Ihr neues Buch ist eine „Kleine Anleitung zum mathematischen Staunen“. Warum ist Staunen so wichtig – und was ist das Besondere am mathematischen Staunen?
Mit dem Staunen, griechisch: dem Thaumazein, beginnt, Aristoteles zufolge, das Denken. Und erst dadurch gelangt man zur Wahrheit, die sich hinter den Dingen verbirgt. Darum heißt im Griechischen die Wahrheit Aletheia, weil sie vom Verborgenen, vom Lethos, wegführt. Das Staunen ist der Weg zur Wahrheit. Und das Besondere der mathematischen Wahrheit ist ihre felsenfeste Gültigkeit.

Die Farben der Quadratzahlen – schon der Titel lässt staunen. Es gibt Menschen, die nehmen Zahlen farbig wahr; die 4 ist mintgrün, die 12 schwarz, die 100 himmelblau. Doch die Farben, die Sie meinen, sind viel konkreter. Ohne zu viel zu verraten, was hat es damit auf sich?
Sie sprechen in Ihrer Frage den inselbegabten Daniel Tammet an, der in seinem Buch „Elf ist freundlich und Fünf ist laut“ beschreibt, wie er Zahlen farbig sieht. Aber damit haben die Farben der Quadratzahlen in meinem Buch nichts zu tun. In ihm erkläre ich, wie die Natur die Quadratzahlen dazu verwendet, um uns aus ihnen Farben des Regenbogens zu schenken.

*Der Spiegel schrieb einmal über Sie, dass sich Ihre Bücher lesen wie ein Thriller. Mathematik und Erzählen – wie hängt das miteinander zusammen?
Mathematik ist, gleichnishaft gesprochen, ein wertvolles Gemälde, und meine Erzählungen, die mathematische Einsichten umranken, sind der dazu passende Rahmen. Der Rahmen bringt das Bild zur Geltung. Ganz im Sinne Pascals, der einmal sagte: „Die Mathematik als Disziplin ist so ernst, dass man keine Gelegenheit versäumen sollte, sie unterhaltsam zu gestalten.“

Die Mathematik ist eine eigene Art, die Welt zu sehen. Was verpasst man, wenn man nach der Schule nichts mehr mit ihr zu tun haben will?
Ich befürchte, dass der Großteil des Schulunterrichts nichts von dem vermittelt, was dem Wesen der Mathematik eigen ist. Ich spreche diese traurige Tatsache im zweiten Kapitel meines Buches an: Man versagt sich – in den Worten Kants – „interesseloses Wohlgefallen“, wenn man mit Mathematik nichts zu tun haben will. Mit anderen Worten: Man erkennt nicht, wie schön Mathematik ist.

In Ihrem Buch bewegen Sie sich an der feinen Grenze zwischen Mathematik und Philosophie. Welches mathematische Rätsel hat Sie bis heute nicht losgelassen?
Es ist das Rätsel der Mathematik schlechthin: Was bedeutet das Unendliche, das Anaximander das Apeiron, das Unbegrenzte nannte? An zwei Beispielen konkret gefasst: Was bedeuten die drei Punkte …, wenn mit „2, 3, 5, 7, 11, 13, …“ die Aufzählung der Primzahlen symbolisiert wird? Was bedeuten sie, wenn mit „P, Q, R, S, T, …“ die Punkte auf einer Kreislinie bezeichnet werden?

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