5 Fragen an ... Rudolf Neumaier

5 Fragen an ... Rudolf Neumaier

Lieber Rudolf Neumaier, was sehen Sie, wenn Sie Rehe beobachten?
Grandezza! Und zwar in Vollendung. Bei Rehböcken sehe ich manchmal auch Stolz und Hybris. Und Kitze – sind die Inkarnation des Urvertrauens. Göttlich.

Wie kamen Sie darauf, ein Buch über Rehe zu schreiben?
Ich finde, diese Wesen werden heute viel zu wenig bewundert. Stattdessen werden sie als Schädlinge verfolgt. Ihnen geschieht Unrecht. Und das musste endlich mal gesagt werden.

Ihr Buch vereint die Kulturgeschichte des Rehs mit der aktuellen Debatte um die Tiere und ihren Einfluss auf die Natur. Sie setzen sich aktiv für den Schutz der Rehe ein, die oft für die Zerstörung neuer Pflanzungen verantwortlich gemacht und deswegen in sehr hohen Zahlen abgeschossen werden. Was ist an dem Mythos dran, dass Rehe klimafreundliche Wälder verhindern?
Rehe haben keine Schuld am erbärmlichen Zustand vieler Forste! Wo Menschen die Natur einfach Natur sein lassen, wachsen Wälder natürlich. Sie nehmen sich dafür die Zeit, die sie brauchen. Wo Menschen eingegriffen haben und die Natur nach ihren meist wirtschaftlich motivierten Plänen kultivieren, stören Rehe – aber nur, wenn man die Kultur nicht vor ihnen schützt. Das geht auch, ohne sie wahllos abzuknallen.

Was war die merkwürdigste Begegnung bei Ihren Recherchen?
Am aufgewühltesten war ich, nachdem ich mich überwunden hatte, den Finger am Abzug meines Gewehrs zu krümmen. Der junge Bock fiel im Knall des Schusses – und in mir waren Leere und Freude, Trauer und Triumph, Zerknirschung und Zufriedenheit. In der Nacht darauf erschien mir die Mutter dieses Bockes im Traum. Sie flüsterte mir ins Ohr: „Ist schon okay. Aber jetzt musst du das Buch schreiben.“

Inwiefern haben Rehe Ihr Leben geprägt?
Rehe machen glücklich, man braucht nur den richtigen Platz und das richtige Fernglas, um sie zu sehen. Als ich mitbekam, wie perfide sie verfolgt werden, sind in den Herz- und Hirnregionen, die meinen Beschützerinstinkt beherbergen, infernalische Sirenen losgegangen.

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