5 Fragen an ... Kristina Hauff

5 Fragen an ... Kristina Hauff

Liebe Frau Hauff, Sie sind Seglerin, meist auf der Ostsee. Ich stelle mir das nass, kalt und wenig romantisch vor. Perfektes Setting für einen Spannungsroman?
Nass und kalt? Das ist ein krasses Vorurteil. Die Insel Fehmarn hat durchschnittlich 2200 Sonnenstunden im Jahr! Klar, im Norden gibt es keine Garantie auf hochsommerliche Temperaturen, dafür aber meistens guten Segelwind. Und ein ewig blauer Himmel ist doch langweilig. Vor allem für dramatische Entwicklungen in einem Roman bieten düstere Wolkenformationen und drohende Gewitterfronten – eigentlich Wetterwechsel aller Art! – den perfekten atmosphärischen Rahmen.

Wie auch in Unter Wasser Nacht, haben Sie sich wieder für einen Handlungsort entschieden, an denen ihre Figuren auf engsten Raum miteinander auskommen müssen. Warum das?
Ursprünglich komme ich vom Theater und habe die Form des Kammerspiels immer geliebt, wie Jean-Paul Sartres Geschlossene Gesellschaft oder Yasmina Rezas Der Gott des Gemetzels. Wenn Figuren untereinander Konflikte haben und gleichzeitig einander ausgeliefert sind, muss die Situation zwangsläufig eskalieren. In meinem aktuellen Roman In blaukalter Tiefe versuchen die Figuren zunächst verzweifelt, ihre sorgsam polierten Fassaden
aufrecht zu erhalten. Doch durch die ungewohnte Nähe an Bord und den fehlenden Raum für einen Rückzug ins Private entfesselt sich schnell eine unkontrollierbare Dynamik.

Können Sie in knappen Worten die fünf Protagonist:innen an Bord der Segelyacht Querelle charakterisieren?
Meine Hauptfigur Caroline ist Chefredakteurin eines Lifestylemagazins. Elegant, selbstbewusst, einsam. Sie hat niemandem, dem sie ihr größtes Geheimnis anvertrauen kann. Caroline hat bisher für ihre Karriere gelebt, nun steckt sie beruflich und privat in einer Krise. Sie ist innerlich bereit für einen Neuanfang, nur weiß sie es noch nicht.
Carolines Ehemann Andreas ist Wirtschaftsstrafanwalt und Partner in einer einflussreichen Kanzlei; im Beruf souverän und brillant, im Privatleben verunsichert und hilflos angesichts seiner Eheprobleme. Andreas will auf diesem Segeltörn Carolines Liebe zurückgewinnen.
Daniel, Andreas‘ jüngerer Mitarbeiter, ist anpassungsfähig, zuverlässig, ehrgeizig. Sein Lebenstraum: eine Partnerschaft in der Anwaltskanzlei von Andreas. Seine Agenda für den Trip: Andreas restlos von sich zu überzeugen. Daniel ist bereit, seine eigenen Interessen über die Schmerzgrenze hinaus zurückzustellen.
Tanja, Daniels Freundin, ist sensibel und voller Selbstzweifel, jedoch viel stärker, als sie selbst ahnt. Sie liebt und bewundert Daniel und auch sie wird bis an ihre Grenzen gehen, um ihrem Partner den gesellschaftlichen Aufstieg zu ermöglichen. Aber sie, die als Altenpflegerin arbeitet, zweifelt, ob sie sich an Bord unter den erfolgreichen Karrieremenschen behaupten kann.
Eric ist der Skipper und Eigner der Segelyacht Querelle. Attraktiv und mysteriös, ein wandelndes Geheimnis. Vom Typ ein Alphatier wie Andreas. Er ist Außenseiter in der Reisegruppe, so wie auch Tanja. Er zeigt keine Emotionen, setzt sich aber an Bord durch – auch gegen Andreas. Im Angesicht der Katastrophe zeigt sich, dass auch er verletzlich ist.

Sind Sie selbst mal in Seenot geraten?
Zum Glück noch nicht so, dass ich Mayday über Funk rufen musste. Es gab aber durchaus Situationen, die sich gefährlich anfühlten. Auch auf der Ostsee kann eine Brise plötzlich zu Starkwind mutieren und hohe Wellen aufbauen. Wenn man solchen Bedingungen stundenlang ausgesetzt ist, kann das einen an den Rand der physischen und psychischen Erschöpfung bringen. Dann möchte man schon mal die Sportart wechseln.

Die schwedischen Schären sind ein beliebtes Reiseziel. Haben Sie dort einen Geheimtipp für uns?
Schären gibt es an der schwedischen West- und an der Ostküste. Mein Highlight in den westlichen Schären ist die Insel Stora Dyrön in der Region Bohuslän nördlich von Göteborg. Dort betreibt die Dorfgemeinschaft eine elektrische Sauna, die man das ganze Jahr online buchen kann. Nach dem Schwitzgang steigt man über eine kleine Leiter an den Felsen hinab und kühlt sich im Meer ab. Herrlich! Gegenüber von Stora Dyrön liegt die Insel Åstol, die wie ein Hufeisen geformt ist und so den Segler:innenn in einem romantischen Naturhafen Schutz bietet. Auf dem ebenfalls autofreien Eiland leben ca. 300 Einwohner:innen. Bester Anlegeplatz mit dem Schiff: direkt vor der Terrasse von Åstols Cafe. Dort warten duftende schwedische Backwaren oder – für alle, die es eher herzhaft mögen – der Klassiker Räksmörgas auf hungrige Gäste. Räksmörgas wird übrigens auch in meinem Roman zubereitet: Krabben mit Ei und Avocado, gebettet auf eine Brotscheibe. Beide Schäreninseln sind in ca. dreißig Minuten mit einer Personenfähre von Rönnäng aus zu erreichen.

Die Fragen stellte Kristin Rosenhahn

Newsletter
Newsletter