5 Fragen an ... Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer

5 Fragen an ... Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer

Liebe Frau Rogenhofer, kennen Sie Greta Thunberg persönlich?
Ich habe sie am Klimagipfel in Kattowitz kennengelernt. Das war für mich ein Wendepunkt. Damals machte ich ein Praktikum bei den Vereinten Nationen und war frustriert, weil ich merkte, wie langsam die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Politik ankamen. Neben den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern waren dort auch Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt. Manche leben in Inselstaaten, denen in der Klimakrise der Untergang droht, manche in Gegenden, die zu Wüsten verkommen werden. Das machte mir klar, dass es um viel mehr als die Emissionsgrenzen geht, die in den Konferenzräumen diskutiert wurden. Es geht um unsere Lebensgrundlage, den Verlust artenreicher Naturräume, um Menschenleben und ganz besonders um unsere Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt. Das hat mir Greta Thunberg gezeigt.

In Ändert sich nicht, ändert sich alles beschreiben Sie auch Ihren persönlichen Weg zur Aktivistin gegen die Klimakrise. Mit welchem Argument überzeugen Sie sich selber am meisten, wenn die Arbeit beschwerlich wird?
Es sind wohl weniger Argumente, vielmehr Emotionen. Ich möchte irgendwann Kinder haben und vor zwei Jahren erkannte ich, dass ich meinen Kindern nicht mehr ohne weiteres in die Augen schauen und sagen könnte: Alles wird gut. Nicht einmal mir selbst kann ich es sagen. Doch fast nichts wünsche ich mir sehnlicher. Dieser Satz treibt mich an. Und es sind die Menschen und Geschichten, die mir am Weg begegnen. Der Förster Bernhard, der mir seinen sterbenden Wald zeigte. Mex, der ab 25 Grad im Rollstuhl sitzen muss und nun vor Gericht zieht, weil Österreich zu wenig gegen die Klimakrise tut. Phil und Johannes, die sich mit mir auf den Heldenplatz stellten. Sie und die vielen mutigen Menschen in der Klimabewegung tragen mich durch die Herausforderungen.

Welcher Aspekt des Buches ist Ihnen am wichtigsten?
Die persönliche Geschichte, die sich durch das ganze Buch zieht. Natürlich erklären wir auch Klimafakten, schreiben über die Klimapolitik, nennen Herausforderungen und Maßnahmen gegen die Klimakrise. Doch es ist vielmehr eine gut recherchierte, mutige Vision zwischen zwei Sachbuchdeckeln. Die große Frage ist doch: In welcher Zukunft wollen wir leben? Wie sieht die Welt aus, wenn alles gut ist? Die ideenlose Politik der letzten Jahrzehnte hat uns keine Antwort darauf gegeben. Wir versuchen uns an einer Antwort darauf.

Was ist das nächste große Ziel für Sie?
Wenn ich das immer so genau wüsste, wäre ich nicht dort gelandet, wo ich heute bin. Hätte mir jemand vor drei Jahren gesagt, dass ich Fridays For Future starten, ein Volksbegehren koordinieren und ein Buch schreiben würde, hätte ich wohl ungläubig gelacht – und vermutlich Stress bekommen, bei all den Aufgaben, die es zu meistern gibt. Ich weiß nicht genau, wie es weitergeht. Aber wenn ich eines gelernt habe, dann, dass wir alle gemeinsam etwas bewegen können. Ich werde also weiterhin hartnäckig bleiben und alles daran setzen, die viel zu lasche Klimapolitik umzukrempeln. Und ich hoffe, viele weitere Menschen schließen sich an.

Wo sehen Sie die Welt klimatisch in zwanzig Jahren?
Wir sind gerade an einer Weggabelung. Wenn wir jetzt keinen rigorosen Klimaschutz betreiben, wird es die Welt, wie wir sie kennen, bald nicht mehr geben. Aber noch haben wir es in der Hand. Wir können einen anderen Weg einschlagen und in eine Zukunft aufbrechen, in der wir die Natur erhalten, klimafreundlich von A nach B kommen, Energie aus Sonne, Wind und Wasser generieren, in der Grünflächen unsere Städte lebenswert machen und Kinder unbekümmert aufwachsen. Wir können gleichzeitig darauf achten, dass niemand zurück bleibt – national und international. Ein gutes Leben für alle innerhalb der planetaren Grenzen ist möglich und auch genussvoller. Wir haben also eine Welt zu gewinnen, wir müssen uns nur dafür entscheiden!

 

Lieber Herr Schlederer, woher kennen Sie Katharina Rogenhofer?
Kathi und ich lernten einander am allerersten Tag an der Uni kennen. Katharina hatte – wohl zum ersten und letzten Mal in ihrem Leben – verschlafen und stand ganz aufgelöst vor dem Studienservice Center der Physik-Fakultät. Sie war ein richtiger Wirbelwind, umarmte alles und jeden und war geradezu grenzwertig fröhlich. Die innige Freundschaft begann augenblicklich und währt seither. Obwohl eine so intensive Zusammenarbeit wie in der Klimabewegung und an einem Buch naturgemäß Herausforderungen mit sich bringt, schätzen wir einander heute mehr denn je.

Wie sind Sie persönlich zum Thema Klimakrise gekommen?
Seit Schultagen wusste ich, dass Engagement für Klimaschutz Priorität hat. Die Logik ist ja simpel: Eine bewohnbare, bewirtschaftbare, intakte Umwelt ist Grundlage für alles andere. Zudem sind es Naturgesetze, die uns hierbei eine Deadline auferlegen. Die lassen sich nicht auf PR und Verhandlung ein. Nichtsdestotrotz blieb ich weitgehend inaktiv, fokussierte mich auf Schule und Studium. Als Fridays For Future wenige Monate nach meinen Uni-Abschlüssen startete, verstand ich, dass die Zuständigen bei diesem Thema wirklich fahrlässig handeln. Ich erkannte den Ernst der Lage und wusste sofort: Jetzt musst du alles geben. Seitdem verstehe ich nicht, wie man nicht aktiv werden kann für Klimaschutz. Es ist irgendwie Notwehr und gleichzeitig löst es unzählige andere gesellschaftliche Probleme.

Wie sah die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Frau Rogenhofer bei Ändert sich nichts, ändert sich alles aus?
Kathi kann druckreif sprechen, das war schon immer so. Wir begannen also mit Interviews, doch dabei fehlte der große Bogen eines Sachbuchs. Richtig in Fahrt kamen wir, als wir beide täglich intensiv am Text arbeiteten, was während des Klimavolksbegehrens sehr strapaziös war. Arbeit untertags, Engagement nach Feierabend, Schreiben nachts und am Wochenende. Mein Hauptaugenmerk lag auf dem Erzählerischen, Kathi wusste alles über Klimalösungen und fasste diese in verständliche Begriffe. Und dann ging es an den Ping-Pong-Tisch, immer und immer wieder jonglierten wir die Teile hin und her, bis am Ende ein dichter, lesenswerter Text vorlag, den wir beide guten Gewissens drucken lassen konnten.

Welcher Aspekt des Buches ist Ihnen besonders wichtig?
Dass der größte persönliche Hebel gegen die Klimakrise nicht im Supermarktregal liegt. Wir sind derartig trainiert zu denken, Klimaschutz seien „richtige“ Kaufentscheidungen. Fakt ist aber: Während Millionen von Menschen bereits ihr Bestes geben, um nachhaltiger zu leben, drücken sich die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger um ihre Verantwortung, erschweren uns klimafreundlich zu sein. Es ist teuer und oft umständlich, manchmal sogar unmöglich. Die großen Hebel weisen nach wie vor Richtung Klimakrise. Ja, wir haben alle eine Verantwortung, nämlich in unserer jeweiligen Rolle in der Gesellschaft. Dort können wir das Möglichste beitragen, informieren, mithelfen, aufstehen, politische Versprechen einfordern und vor allem: keine Parteien wählen, die sie brechen.

Was muss im Kampf gegen die Klimakrise als nächstes unbedingt passieren?
Man muss gar nicht so weit gehen, hier etwas einzufordern, denn ich bin überzeugt, es passiert bereits vor unser aller Augen: das Zeitalter der Krisen. Wir stoßen an die Grenze der Belastbarkeit – persönlich, gesellschaftlich sowie ökologisch. Die Menschen überall auf der Welt lassen sich Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung nicht mehr gefallen. Sie stehen auf und fordern ein gutes Leben und Zukunftsaussichten ein. Die heikle Frage ist: Wird es schnell genug gehen?

Interviews: Bettina Wörgötter

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