5 Fragen an ... Joachim Radkau

5 Fragen an ... Joachim Radkau

Lieber Joachim Radkau, von Malwida von Meysenbug, einst sehr berühmt, war in den letzten Jahren nur wenig zu hören. Warum sollen wir uns jetzt wieder mit ihr beschäftigen?
1940 begründete die NS-Schulbehörde die Umbenennung der Kasseler Malwida-von-Meysenbug-Oberschule damit, "Weltanschauung und Leben" dieser Pazifistin, deren Freundschaften über nationale Grenzen hinweg reichten, seien "das genaue Gegenteil von der Haltung, zu der unsere weibliche Jugend erzogen werden soll". Schon dies gibt Grund, diese Frau wieder in Erinnerung zu rufen, aus der sie vor allem durch den NS verdrängt worden ist. Doch es gibt noch ganz andere Gründe - diese erfährt man aus diesem Buch.

Was verbindet Malwida von Meysenbug mit heutigen Frauen, was trennt sie?
Ihre Entschlossenheit, lebenslang ihren eigenen Weg zu gehen und dabei immerzu allein zu reisen zu einer Zeit, als das für Frauen noch höchst ungewöhnlich war, verbindet sie mit modernen Frauen. Dagegen ihre Liebe zu der alten deutschen Geisteswelt der Goethe-Zeit, der Welt des Idealismus trennt sie wohl von vielen Frauen der Moderne. Auch ihr immer wieder durchbrechender aristokratischer Zug, ihre Verachtung der Masse „gemeiner“ Menschen.

Wie bringt man Malwida von Meysenbugs Lebensphilosophie auf den Punkt?
Idealismus mit Realismus zu kräftigen, bis hin zu Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften. Volle Entfaltung der Individualität, verbunden mit der Sehnsucht, in einer großen All-Einheit aufzugehen.

Um welches Talent beneiden Sie Malwida von Meysenbug?
Ich beneide sie um ihre Kunst der Freundschaft, die sie im Laufe ihres Lebens immer höher entwickelte - auch um ihre ausgeprägte Fähigkeit, schweigend zuzuhören und sich in das Gegenüber hineinzuversetzen.

Was hätten Sie Malwida von Meysenbug gerne gefragt?
Haben Sie das ernst gemeint, als Sie Ihrer Mutter klagten, es sei gemein vom Schicksal, dass es Sie nicht zu Richard Wagners Frau gemacht habe?

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