5 Fragen an ... Jenny Friedrich-Freksa

5 Fragen an ... Jenny Friedrich-Freksa

Liebe Jenny Friedrich-Freksa, wie schreibt man als erwachsene Frau über Pferde?
Reiten gilt als Mädchensache. Die Figur dazu ist das »Pferdemädchen«, eine süße Wendy oder Conny, die ihrem Pony stundenlang den Schweif kämmt und die Mähne flicht. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Reiten ist ein ziemlich gefährlicher Sport und der Umgang mit Pferden eine komplexe Angelegenheit, die viel Wissen und Können erfordert. Beim Schreiben war mir wichtig, Klischees über Frauen und Pferde entweder zu vermeiden oder klar zu benennen. Vor allem aber wollte ich davon erzählen, was das Zusammensein mit Pferden so besonders macht, für alle Menschen.

Was fasziniert Sie besonders an Pferden?
Am Reiten liebe ich das Gefühl von Freiheit, das man erlebt, wenn man draußen in der Natur mit einem Pferd unterwegs ist. An den Tieren rührt mich immer wieder ihre Sanftheit. Pferde sind unglaublich feinfühlige Wesen, sehr neugierig und intelligent. Und viele haben einen guten Humor – sie klauen dir die Mütze vom Kopf, wenn du nicht aufpasst, oder verstecken sich hinter einem Baum, wenn du sie zum Reiten abholen willst. Alle Menschen, die viel mit Pferden zu tun haben, kennen solche Geschichten. Der Ehrlichkeit halber muss man sagen, dass es auch weniger kluge Pferde gibt.

Sind Pferde die besseren Menschen?
Nö, Menschen haben auch einige gute Fähigkeiten. Aber Pferde erinnern einen daran, was es heißt, ein Mensch zu sein, nämlich nicht nur ein Wesen, das denken und sprechen kann, sondern auch eines, das wie Tiere stark durch Sinneswahrnehmungen und Gefühle beeinflusst ist. Ich glaube, wir Menschen vergessen oft, wie stark auch das Nicht-Rationale uns steuert. Pferde führen einem das perfekt vor, indem sie einem das eigene Verhalten sehr fein spiegeln. Im Umgang mit ihnen lernt man viel über Instinkte und Gefühle, über Angst, Mut und Vertrauen, Macht und Ohnmacht, über Zuneigung und Zugehörigkeit.

Wie hat sich unser Umgang mit Pferden im Laufe der Zeit verändert?
Das Verhältnis zwischen Mensch und Pferd ist über 6.000 Jahre alt und hat unzählige Veränderungen durchlaufen. Die wichtigste ist die, dass Pferde vom Arbeits- zum Freizeittier wurden. Früher waren Pferde für die Fortbewegung der Menschen unverzichtbar, sie halfen, Felder zu bewirtschaften, und zogen mit Soldaten in Kriege. Das Militärische steckt auch heute noch stark im Reitsport, trotzdem ist seit einiger Zeit ein weniger autoritärer Umgang mit Pferden stark im Kommen. Die zweite große Veränderung ist jene, dass früher in erster Linie Männer ritten, und es heute vor allem Mädchen und Frauen tun.

Welche auch für Sie überraschende Erkenntnis birgt Ihr Buch?
Bei meinen Recherchen stellte ich fest, dass oft danach gefragt wird, was Frauen an Pferden fasziniert, aber kaum danach, warum Männer nur noch so wenig davon fasziniert sind. Und wann dieser Wandel stattfand. Die Erfindung des Autos, spielte natürlich eine große Rolle. Doch gleichzeitig gibt es eine lange Kulturgeschichte von Männern und Pferden – Napoleon, Dschingis Khan, alles große Reiter. Die wichtigen Reitlehren wurden von Männern geschrieben, und über die Freundschaft zwischen Männern und Pferden wurde in vielen Büchern erzählt. Diese Geschichte ist im echten Leben seit ein paar Jahrzehnten seltsam abgestorben. Frauen hingegen bekamen Zugang zu Pferden und begannen schnell, die Freude an ihnen und am Reiten zu schätzen. Überraschend war für mich die Erkenntnis, wie stark Reiten als Sport für Frauen mit Autonomie und Gleichberechtigung verbunden ist. Und wie es gleichzeitig offensichtlich erst mit dem Verlust der wirtschaftlichen und militärischen Bedeutung der Pferde möglich war, dass Reiten vom Männerding zur Frauensache wurde.

Newsletter
Newsletter