5 Fragen an ... Elyas Jamalzadeh und Andreas Hepp

5 Fragen an ... Elyas Jamalzadeh und Andreas Hepp

Liebe beide, Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten erzählt die bewegenden Lebensgeschichte von Elyas. Ihr habt das Buch gemeinsam geschrieben. Woher kennt Ihr Euch?
Andreas Hepp: Auf Menschen zuzugehen, die neu oder am Rande einer Gruppe sind, ist mir ein großes Anliegen. So sind Elyas und ich 2016 nach einem Gottesdienst ins Reden gekommen. Da entwickelte sich bei mir ein großer Respekt für seine Ehrlichkeit und seine Zielstrebigkeit - gewürzt mit einer starken Prise ironischem Humor in allen Lebenslagen. Damals wurde das Fundament für eine wertvolle Freundschaft gelegt, die bis heute tiefer und tiefer wird.

Wie seid Ihr auf die Idee zu diesem Buch gekommen?
Andreas Hepp: An dieser Stelle darf ich einen besonderen Dank an Edith, eine Freundin von Elyas, aussprechen. Sie hat Elyas von Beginn an, seit er in Österreich ist, unterstützt und ermutigt, und sie war es auch, die uns die Idee für das Buch eingepflanzt hat – halb im Spaß sprachen wir immer wieder darüber. Als wir dann tatsächlich im Sommer 2020 auf einen zweiten Lockdown und somit genug Zeit zusteuerten, rief ich Elyas eines Augustabends an. Aus Spaß wurde Ernst: Wir steckten die Köpfe zusammen und begannen mit den Arbeiten am Buchprojekt.

Wie muss man sich Eure Zusammenarbeit genau vorstellen?
Andreas Hepp: Elyas, dieser unglaublich kreative Kopf, hat einfach ein natürliches Talent zum Erzählen. Wir vereinbarten über mehr als ein halbes Jahr etwa einmal pro Woche ein Treffen oder ein Telefonat. Ich stellte ihm ein paar Leitfragen und durfte die geballte Wucht, die tatsächliche Tragweite von dem mitfühlen, was es heißt, nie anzukommen, von puren Existenzängsten getrieben zu sein – zu flüchten. Dabei versuchte ich, diese unzähligen Einzelsituationen zu notieren, zu sortieren und für ein Buch zu formulieren. Mein größtes Anliegen war es, seinen direkten Erzählstil einzufangen und die Leserin/den Leser durch einen konzeptionell mündlichen Text in einen tragisch-humorvollen Dialog mit Elyas treten zu lassen.

Der erste Teil des Buches beschreibt das Leben als afghanischer Flüchtling in Teheran, der zweite Teil widmet sich der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer, der letzte Teil beschreibt das Ankommen in Europa. Was ist Euch besonders leicht oder schwer gefallen beim Erzählen?
Elyas Jamalzadeh: Mir ist es schwer gefallen über die Flucht, speziell über das Mittelmeer zu sprechen. Alle Frauen und Kinder hatten Schwimmflügel und Schwimmwesten an, weil sie nicht schwimmen konnten. Stell dir vor: Du hast deinen Tod vor Augen. Du hast den Tod deiner Eltern vor Augen. Und du kannst nichts dagegen tun. Nur in der Dunkelheit sitzen, ohne zu wissen wohin, und jede Welle im Sturm kann deinen Tod bedeuten. Und genau deshalb wollten wir auch dieses Buch schreiben: Um dir praktisch zu zeigen, wie das ist, wenn jemand flüchtet, um sein Leben kämpfen muss. Leicht ist es mir dagegen gefallen von Österreich, von meiner Ankunft in Wien zu erzählen. Speziell in Bad Goisern und in Linz durfte ich später so viele unglaublich wertvolle Frauen und Männer kennenlernen, die mir geholfen und mich geprägt haben. Und mit einem dieser wertvollen Menschen darf ich nun sogar verheiratet sein.

Wenn Ihr Euch was wünschen dürft, mit welchem Gefühl sollen die Leserinnen und Leser das Buch zuklappen?
Elyas Jamalzadeh: Ich wünsche mir, dass du verstehst, was du im Leben hast. Egal ob viel oder nicht viel. Dass du dankbar bist. Ohne dankbar zu sein und einander zu helfen geht’s nicht im Leben, egal ob du flüchtest oder nicht. Und ich wünsche mir, dass du nicht vergisst, dass du mit diesem Buch auch armen Menschen in Griechenland und in der Türkei hilfst, weil wir einen Teil von unserem Gewinn an Menschen spenden, die dort Hilfe brauchen. Weil ich leider weiß, wie das ist, wenn man nicht weiß, ob man überlebt. Weil ich leider weiß, wie das ist: das mit dem Flüchten.

Interview: Bettina Wörgötter

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