5 Fragen an ... Ann-Kristin Tlusty

5 Fragen an ... Ann-Kristin Tlusty

Liebe Ann-Kristin Tlusty, Süß spricht anders vom Feminismus als die meisten Artikel und Bücher. Wie kamen Sie auf Ihre Herangehensweise?
Am Anfang stand die Beobachtung, dass zwischen dem längst weitverbreiteten feministischen Konsens und der Realität oft ein großer Graben klafft – auf der politischen wie auf der persönlichen Ebene und auf allen Ebenen dazwischen. Ich habe mich gefragt, woher diese Diskrepanz rührt.

„Süß“, was bedeutet dieses Wort in diesem Zusammenhang?
Süß bedeutet erst einmal: verzuckerte Entfremdung. Damit meine ich all jene Vorstellungen von sogenannter Weiblichkeit, die Frauen in augenscheinlich liebliche, allgemein goutierte Rollen katapultieren – und mit Ausbeutung und Unterwerfung einhergehen können. Was süß ist, ist klebrig und zäh; Ideologie, die sich nicht leicht abstreifen lässt.

Das Buch reflektiert, was an Frauen herangetragen wird und sie selbst verinnerlichen – es geht um „sanfte Frauen“, „süße Frauen“ und „zarte Frauen“. Was sind das für Figuren, bei weitem nicht jede Frau verbindet ja etwas mit diesen Adjektiven?
Mit „sanften“, „süßen“ und „zarten“ Frauen sind nicht konkrete Personen gemeint, sondern Schimären rund um Weiblichkeit – langwährende Fantasien darüber, wie Frauen zu sein haben. Es ist in unserer Gesellschaft beispielsweise selbstverständlich, dass Frauen sehr viel mehr Sorgearbeit leisten, die oftmals schlecht oder gar nicht bezahlt wird; das meint „sanft“. Dass Frauen als sexuell nachgiebig und konsumerabel gelten; das meint „süß“. Dass Frauen in vielen Zusammenhängen viel weniger Mündigkeit zugestanden wird; das meint „zart“.

Wer sind eigentlich „die Frauen“ für Sie, ist das überhaupt so leicht zu sagen?
Nein, es gibt natürlich nicht „die Frauen“. Wie man diese Welt erlebt, von ihr profitiert und unter ihr leidet, hängt selbstredend nicht nur vom zugeschriebenen Geschlecht ab, sondern ebenso von vielen weiteren Faktoren, und nicht zuletzt schließen die Kollektivsubjekte „Männer“ und „Frauen“ all jene aus, die sich darin nicht wiederfinden. Trotzdem meine ich, dass diese binären Kategorien hilfreich sein können, um bestimmte ökonomische Ungerechtigkeiten, Phantasmen und unbewusste Annahmen zu verdeutlichen — mit dem Ziel, sie abzuschaffen.

Was kann ein politischer Essay verändern?
Ein Essay allein nichts, viele Essays zusammen alles.

Bücher

Das könnte Sie auch interessieren

Newsletter
Newsletter