5 Fragen an ... Ali Benjamin

5 Fragen an ... Ali Benjamin

Frau Benjamin, was hat Sie dazu inspiriert, Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren zu schreiben – und Ihre Faszination für Quallen ausgelöst?
Ich war an einem Wochentag mit meinen Kindern im New England Aquarium. Es war vollgestopft mit Schulgruppen, chaotisch und laut. Ich wanderte aus dem gleichen Grund wie meine Hauptfigur Suzy in die Quallen-Ausstellung, weil ich mir dort etwas Ruhe erhoffte.
Ich war natürlich mein ganzes Leben vor Quallen gewarnt worden. Ich erinnere mich, dass ich am Strand in Panik geriet, als ich jung war, nachdem ich einige im Wasser gesehen hatte. Aber ich hatte nie wirklich beobachtet, wie sie sich bewegen, oder auf ihre Farben geachtet, oder mir die Mühe gemacht, mich über sie zu wundern. Als ich jetzt in die Aquarien starrte, wurde mir klar, dass sie großartig sind. Sie waren nicht nur fremd, bedrohlich und unheimlich, sie waren auch wunderschön.
Mir wurde klar, dass es Menschen auf der Welt gibt, die ihr ganzes Erwachsenenleben damit verbringen, sich mit Quallen zu beschäftigen. Da tauchte ein Gedanke in meinem Kopf auf, fast wie eine Comic-Gedankenblase über mir: Ali, du hast alles falsch gemacht! In diesem Augenblick schienen mir diese Quallenforscher wie die glücklichsten Menschen auf Erden zu sein. Es erinnerte mich an einen Satz von Jonathan Safran Foer aus Extrem laut und unglaublich nah, "Manchmal merke ich, wie meine Knochen unter der Last all meiner ungelebten Leben ächzen." Ich denke, dieses Buch [Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren] zu schreiben, war der Versuch, für eine Weile ein anderes Leben zu leben.

Im Roman gibt es ziemlich viele naturwissenschaftliche Fakten und Anspielungen auf Bücher und Videos. Hatten Sie die meisten schon im Kopf oder mussten Sie wissenschaftliche Fakten recherchieren, die relevant waren?
Die einzigen Fakten, an die ich mich aktiv erinnern konnte, stammen aus meiner frühen Kindheit – wie die Tatsache, dass die Zähne von Kaninchen niemals aufhören zu wachsen. Es sind Dinge, die vermutlich jedes Kind weiß. Andere wissenschaftliche Fakten hatten sich für eine Weile in meinem Gehirn herumgetrieben und brauchten ein Ventil. Das bedeutet, dass ich eigentlich einen schrecklichen Kopf für Details habe, und mein Zugriff auf präzise Fakten und Zahlen leicht durcheinander gerät – ich erinnere mich an das Wesentliche, aber nicht an die Einzelheiten. Also musste ich alles nochmal nachschlagen, nur um sicherzugehen, dass die Fakten richtig waren. Und selbst dann haben wir noch einen tollen Faktenprüfer angeheuert, bevor das Buch in Druck ging.

Worüber hoffen Sie, werden die Leser nach der Lektüre von Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren nachdenken? Was werden sie fühlen?
In erster Linie hoffe ich, dass die Leser ein Gefühl der Verbundenheit verspüren – mit anderen Menschen. Aber auch mit einem Teil ihres Wesens, für den sie sich vielleicht nicht immer die Zeit nehmen – den nachdenklichen, neugierigen Teil. Außerdem hoffe ich, dass sie sich ein wenig mehr mit der Welt um sich herum verbunden fühlen, einschließlich der Natur. Das Buch beginnt nicht am freudigsten Ort; es beginnt mit einem Tod und mit einem Kind, das sich sehr einsam fühlt. Doch im Laufe des Buches entdeckt Suzy, die Hauptfigur, dass Trauer den Blick für die Welt öffnen kann, dass die sehr reale Finsternis der Welt all ihre außerordentliche Schönheit zum Leuchten bringen kann. Vor allem hoffe ich, dass ich den Lesern einen kleinen Einblick in diese Schönheit geben kann.

Es gibt einige ziemlich erwachsene Themen in Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren, wie z.B. Depression, Tod, Trauer und deren Überwindung. Warum ist es Ihnen wichtig, diese Themen in Ihre Geschichte aufzunehmen?
Ich habe nicht angefangen, ein Buch über den Tod oder Trauer oder ähnliches zu schreiben. Ich habe nur versucht, eine Geschichte zu erzählen, die sich echt und wahrhaftig anfühlt. Manchmal ist das Leben chaotisch und manchmal wirklich traurig. Manchmal ist es sehr schmerzhaft. Ich wünschte, das wäre nicht so. Ich wünschte, wir könnten Kinder vor den dunkelsten Teilen des Lebens schützen, einfach indem wir nie darüber reden. Leider funktioniert das nicht. Da wir die Dunkelheit nicht verschwinden lassen können, denke ich, wir können genauso gut darüber reden. Vielleicht können wir sogar diese Dunkelheit nutzen, um all die außergewöhnliche Schönheit dieser Welt besser zu erkennen.
Kinder können unglaublich belastbar sein. Im Allgemeinen sind sie viel besser darin, Schmerzen zu bewältigen als Erwachsene. Wenn sie traurig sind, überwinden sie das rascher und blicken wieder nach vorne. Ich wusste also immer, dass auch Suzy okay sein würde – dass ihre Geschichte zwar an einem dunklen Ort beginnt, aber nicht dort endet. Es ist ein zutiefst hoffnungsvolles Buch.

Welchen Rat würden Sie einem Kind geben, das sich wie Suzy wie ein Außenseiter vorkommt und Schwierigkeiten hat, Freunde zu finden?
Ich habe kürzlich von einer grandiosen Theorie gehört, der „Quirk-Theorie". Sie geht davon aus, dass die Sache, die dir als Kind das Gefühl gibt, ein Außenseiter zu sein, genau die Sache ist, die große Dinge in deinem Leben bewirken wird, wenn du älter bist. Ich glaube an diese Idee, weil ich es immer wieder beobachtet habe. Aber ich weiß auch, dass der Satz „Wenn du älter bist“, für ein Kind, das sich heute fehl am Platz fühlt, nicht gerade ermutigend ist. „Später“ kann sich anfühlen wie „für immer“, und „eines Tages“ ist nicht bald genug. Diesen Kindern sage ich: „Ich denke, du bist großartig. Jetzt sofort. Heute. Genau wie du bist. Die Tatsache, dass du denkst, du gehörst nicht dazu, sagt mir, dass du interessant bist. Wenn wir uns treffen, hoffe ich, dass du mir all die merkwürdigen Dinge über dich erzählst. Bitte vertraue auf diese Theorie. Ich versichere dir, sie wird dich nicht im Stich lassen.“

Die Fragen und Antworten wurden übersetzt von Saskia Heintz

Quellen:
> National Book Foundation
> talkSTEM

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