5 Fragen an ... Paulus Hochgatterer

5 Fragen an ... Paulus Hochgatterer

Furth am See, der Kommissar Ludwig Kovacs, der Psychiater Raffael Horn – wie fühlt es sich für Sie an, Paulus Hochgatterer, zwölf Jahre nach der Süße des Lebens und mehr als sieben Jahre nach dem Matratzenhaus wieder in das Soziotop dieser fiktiven österreichischen Kleinstadt einzutauchen?
Es ist tatsächlich ein wenig so wie im realen Leben. Trifft man Menschen, die man mag, aber schon Jahre nicht gesehen hat, freut man sich über das Vertraute, das einem da entgegentritt. Auf der anderen Seite merkt man, dass sich offensichtlich manches verändert hat. Die Menschen sind älter geworden, daher in gewissen Dingen souveräner und gelassener, in anderen vielleicht ungeduldiger und ruppiger. Vor allem aber merkt man, dass man von vielem, was in der Zwischenzeit passiert ist, gar nichts weiß und das macht einen in erster Linie neugierig.

Auch als Autor geht es einem so? Kann man auf die eigene Geschichte neugierig sein?
Selbstverständlich. Ich möchte jetzt gar nicht über die tausendfach durchgekaute strukturalistische Frage nach dem Souverän in der Erzählung sprechen – Wer ist der wahre Herrscher, der Autor oder der Text? –, sondern deutlich machen, dass sich auch die Figuren, die ihr Leben hauptsächlich im Kopf eines Autors führen, weiterentwickeln und ihre Verhaltensweisen und Beziehungen ändern, selbst wenn der Autor über Jahre kaum etwas mit ihnen zu tun hat. Aber keine Sorge ? Ludwig Kovacs sitzt nach wie vor regelmäßig im Gastgarten seines Freundes Lefti und Raffael Horn ist nach wie vor mit Irene, der wunderbaren Cellistin, verheiratet.

Und Joseph Bauer, der etwas verhaltensoriginelle Benediktinerpater?
Der darf natürlich nicht fehlen, vor allem nicht in einer Geschichte, in der es zentral darum geht, dass das Richtige und das Böse manchmal ganz nah beisammen liegen. Auch Joseph Bauer ist übrigens noch mit derselben Frau beisammen. Seine musikalischen Hörgewohnheiten haben sich allerdings ein wenig geändert.

Fliege fort, fliege fort. Was hat es mit dem Titel des Romans auf sich?
Die Geschichte hat weder mit Luftfahrt noch mit Ornithologie zu tun, auch nicht mit Eskapismus, wie man auf einer metaphorischen Ebene vielleicht vermuten könnte. Der Titel ist ein Zitat aus Goethes Faust I. Am Beginn der Schlussszene, bevor Faust zu Gretchen in den Kerker tritt, hört man von außen ein Lied, das Gretchen aus dem Mund ihres getöteten Kindes singt. Es beginnt mit: »Meine Mutter, die Hur, die mich umgebracht hat« und endet mit: »Da ward ich ein schönes Waldvögelein. Fliege fort, fliege fort.«

Es geht in diesem Buch also auch wieder um Kinder?
Es geht in der Geschichte um Kinder und um die Dinge, die ihnen widerfahren, das entspricht sozusagen meinem literarischen Lebensprogramm. Es geht um ein Verbrechen, sonst wäre diese Geschichte ja nicht auch ein Kriminalroman. Letztlich geht es in dem Buch natürlich um jene Fragen, um die es im Roman immer gehen muss: Was ist Gerechtigkeit? Was macht den Menschen böse? Wem gehört die Rache?

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