5 Fragen an ... Martin Meyer

5 Fragen an ... Martin Meyer

Lieber Martin Meyer, Sie haben ein Buch geschrieben über Dinge, die aus dem Leben verschwinden. Sind Sie ein Melancholiker?
Jedes bewusste Älterwerden ist mit einer gewissen Melancholie verbunden: Wenn man vermehrt wahrzunehmen beginnt, wie die Zeit vergeht und so auch Menschen und Dinge verschwinden lässt. Aber dieser Prozess ist auch der Neugierde wert: Insofern bin ich eher ein Forscher und Beobachter als ein still in sich gekehrter Melancholiker.

Welchem Ding weinen Sie keine Träne nach?
Solche Dinge gibt es massenhaft. Denken wir nur an den Unsinn und an den Müll, den unsere Zivilisation laufend produziert. Interessanter wird es, wenn wir dankbar sind für das Verschwinden von Dingen, die uns echt belastet oder geärgert haben: etwa die Berliner Mauer; oder Geräusche, die wir nur als elenden Lärm empfinden konnten; oder eine nervige Großtante …

Vermissen Sie etwas?
Man vermisst wohl immer etwas, und sei es die Fähigkeit oder die Kunst, nichts mehr vermissen zu wollen. Ich persönlich bin in der glücklichen Lage, dass ich wenig vermisse. Aber dafür kann ich selber eigentlich kaum etwas. Es hat sich allmählich und unter gütiger Mithilfe anderer so ergeben und möge hoffentlich weiterhin so bleiben.

Was soll möglichst bald verschwinden?
Tja, da fallen wohl jeder und jedem von uns längere Listen ein. Zum Glück folgt die Wirklichkeit solchen Wünschen eher selten, sonst wäre die Welt rasch einmal eine Wüste. Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn Fundamentalismen jeglicher Couleur abdampfen würden. Oder auch Currywürste, Männerwitze und Kreuzfahrtschiffe mitten in Venedig.

Und was bleibt?
Wie heißt es doch bei Hölderlin? „Was bleibet aber, stiften die Dichter." Das war wohl etwas zu optimistisch gedacht. Aber Bücher bleiben (vorerst), und ich kann nur hoffen, dass dieses Vorerst noch lange anhält. Eine zweite Antwort versuche ich im letzten Kapitel meines Buchs zu skizzieren. Natürlich wünsche ich dieser Antwort möglichst viele Leserinnen und Leser …

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