Buch
Deutschland 22,00 €
Nie in seiner Kindheit war Patrik Svensson seinem Vater so nah wie beim Aalfischen. Als Erwachsener stellt er fest: Der Erinnerung an seinen Vater kommt er nicht auf die Spur, ohne nach dem Fisch zu suchen, der sie miteinander verband – und über den wir bis heute erstaunlich wenig wissen. Poetisch und spannend entwirft Svensson eine Natur- und Kulturgeschichte der Aale, von Aristoteles und Sigmund Freud über Günter Grass bis zu Rachel Carson, und verbindet sie mit seiner persönlichen Geschichte. Auf verschlungenen Wegen wird die Suche nach dem Aal zum Bild für das Leben selbst. Und Das Evangelium der Aale zu einer großen, umwerfenden Erzählung über ein sonderbares Tier und ein Leben auf der Suche.
Details zum Buch:
aus dem Schwedischen von Hanna Granz
256 Seiten
Hanser Verlag
Fester Einband
ISBN 978-3-446-26584-4
Deutschland: 22,00 €
Österreich: 22,70 €
ePUB-Format
E-Book ISBN 978-3-446-26682-7
E-Book Deutschland: 16,99 €
Mit der Geburt des Aals ist es so: Sie findet im nordwestlichen Teil des Atlantiks statt, der als Sargassosee bezeichnet wird; ein Ort, der für die Entstehung des Aals in jeder Hinsicht geeignet ist. Denn die Sargassosee ist eher ein Meer im Meer als ein abgegrenztes Seegebiet. Wo sie beginnt und endet, ist nicht absehbar, unsere gewohnten Kriterien zur Vermessung der Welt lassen sich hier nicht anwenden. Sie liegt nordöstlich von Kuba und den Bahamas und östlich der nordamerikanischen Küste, gleichzeitig ist sie ständig in Bewegung. Mit der Sargassosee verhält es sich ähnlich wie mit einem Traum: Man kann nicht genau sagen, wann man eintaucht und wann man wieder hinausgleitet, man weiß nur, dass man drin gewesen ist.
Dieser flüchtige Charakter ergibt sich daraus, dass die Sargassosee ein Meer ohne Küsten und Inseln ist. Sie wird in allen Richtungen von mächtigen Strömungen begrenzt: im Westen vom lebenspendenden Golfstrom, im Norden von dessen Verlängerung, dem Nordatlantikstrom,
im Osten vom Kanarenstrom und im Süden vom Nordäquatorialstrom. Fünf Millionen Quadratkilometer groß, bewegt sich die Sargassosee wie ein langsamer warmer Wirbel innerhalb dieses geschlossenen Kreislaufs. Was hereinkommt, gelangt nicht immer ganz leicht wieder hinaus.
Das Wasser ist tiefblau und klar und an manchen Stellen bis zu siebentausend Meter tief. An der Oberfläche treiben riesige Teppiche aus klebrigen Braunalgen, die man Sargassum oder Golftang nennt. Sie haben dem Meeresgebiet seinen Namen gegeben. Bis zu mehrere Tausend Meter lange Geflechte aus dicken Algenranken bedecken die Wasseroberfläche, schenken Leben und bieten zahlreichen Kreaturen Schutz: kleinen wirbellosen Tieren, Fischen, Quallen, Schildkröten, Garnelen und Krabben. In der Tiefe wachsen weitere Sorten Seegras und andere Pflanzen. Ein wogendes Leben im Dunkeln, wie ein Wald bei Nacht.
Hier entsteht der europäische Aal, Anguilla anguilla. Hier laichen im Frühling die ausgewachsenen Aale ab, hier legen und befruchten sie ihre Eier. Hier entsteht im Schutz tiefster Dunkelheit ein kleines, larvenartiges Wesen mit einem lächerlich winzigen Kopf und nur unzureichend ausgeprägten Augen, Leptocephalus-Larve genannt. Es sieht aus wie ein Weidenblatt, ist flach und so gut wie durchsichtig und nur wenige Millimeter lang. Das ist das erste Stadium des Aals.
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Die Hörbuch-Ausgabe von Das Evangelium der Aale wird gelesen von Johann von Bülow und erscheint bei Der Audio Verlag
Details
Hörbuch, Laufzeit: ca. 7h 54 min
ISBN: 978-3-7424-1379-6
Erscheint am 24. Januar 2020
Der Sprecher des Hörbuchs, Johann von Bülow, bekannt aus Film und Fernsehen, beantwortet, was ihn besonders an diesem Buch überrascht hat, und erläutert seine persönliche Beziehung zu Patrik Svenssons Geschichte.
Patrik Svensson, geboren 1972, ist in der Nähe der schwedischen „Aalküste“ aufgewachsen. Er studierte Sprachen und Literatur und arbeitet als Journalist für die schwedische Tageszeitung Sydsvenskan, wo er über Kultur, soziale Themen, Politik und Naturwissenschaften schreibt. Das Evangelium der Aale ist sein Debüt und wird derzeit in über 30 Sprachen übersetzt.
Ein Aal ist ein Aal ist ein Aal … Patrik, die einfachste Frage zuerst – warum ein Buch über Aale? Weil Aale wirklich bemerkenswerte Tiere sind, denen man eine großartige Geschichte entlocken kann. Aber auch deshalb, weil ich glaube, dass der Aal – durch die Art, wie er lebt, wie er sich unserem Wissen entzieht, wie er an einem gewissen Punkt in seinem Leben unweigerlich zu seinen Ursprüngen zurück muss – uns etwas sehr Grundsätzliches über unsere eigenen Erfahrungen sagen kann, über die Bedingungen unseres Lebens. Aale machen es einem leicht, philosophisch zu werden, und ich bin überzeugt, dass es absolut möglich ist, einen wissenschaftlichen Zugang zur Welt zu haben und sich zugleich mit den großen, nicht so eindeutig zu beantwortenden Fragen zu beschäftigen. Über sie zu staunen.
Der Aal ist ein rätselhaftes Tier, und wir wissen erstaunlich wenig über ihn. Tatsächlich wissen wir so wenig, dass die sogenannte „Aal-Frage“ zu einem stehenden Begriff geworden ist für ein Phänomen, das sich unserer Erklärung entzieht. Wie bist du zur Aal-Frage gekommen – oder war es eher die Aal-Frage, die dich gefunden hat? Sie hat tatsächlich mich gefunden, glaube ich. Als ich noch ein kleines Kind war und mit meinem Vater zum Aalfischen ging, in den vielen späten Sommernächten am Fluss, in denen mein Vater mir von der Sargassosee erzählte, jenem Meeresgebiet, aus dem alle Aale kommen. Das war ein geheimnisvoller, fast magischer Ort für mich, weit weg von allem, was ich mir vorstellen konnte. Genau dort hat eine Faszination begonnen, die bis heute anhält. Als ich viele Jahre später herausfand, dass es tatsächlich eine „Aal-Frage“ gibt, die im Grunde seit Jahrhunderten Teil der Wissenschaftsgeschichte ist, war es, als ob sich meine eigene Geschichte in etwas viel größeres einfügte.
Dein Buch ist ein außergewöhnlicher Mix aus Literatur, Wissenschaft, Geschichte und einer sehr persönlichen Erzählung über die Suche nach Antworten. Es leuchtet regelrecht vor überraschenden Querverbindungen zwischen Themen, die kaum jemand miteinander in Verbindung bringen würde. Wie bist du zu dieser Form gekommen? Zuallererst weil ich mich für das Erzählen interessiere. Und ich bin draufgekommen, dass die Wissenschaftsgeschichte nur so wimmelt von guten Geschichten, wenn man statt „Was wissen wir?“ fragt: „Woher wissen wir das eigentlich?“ Und das trifft auf den Aal ganz besonders zu. Die Geschichte der Aale ist auch die Geschichte von bemerkenswerten Menschen, die für die Wissenschaft bemerkenswerte Anstrengungen unternommen haben. Sie ist die Geschichte eines menschlichen Drangs, der zu den beständigsten überhaupt gehört – den Drang, das Leben um uns herum zu begreifen, zu verstehen, wie die Dinge funktionieren und was unsere Rolle in dem Ganzen sein kann. Gleichzeitig wollte ich ein Buch schreiben, dem das ganze stilistische Repertoire der Literatur zur Verfügung steht – und das wissenschaftlich gesehen trotzdem adäquat ist. Diese Form war meine Art zu versuchen, die ganze Komplexität einzufangen, die nicht nur den Aal ausmacht, sondern auch die Natur, das Leben um uns herum.
Aristoteles dachte, Aale würden aus dem Schlamm geboren, Sigmund Freud war so frustriert darüber, dass er die unheimlichen Rätsel des Aals nicht lösen konnte, dass er dem Mikroskop den Rücken zukehrte und sich einem weniger greifbaren Feld widmete. Günter Grass macht den Aal zu einem der literarischen Schlüsselmotive der Blechtrommel, die Amerikaner haben ihn aus ihrem Gründungsmythos verbannt. Wie überrascht warst du, als du merktest, dass der Aal quasi überall ist? Ich war tatsächlich überrascht darüber, wie viel Zeit und Aufwand Menschen wie Aristoteles, Freud und auch Rachel Carson darauf verwendet haben, den Aal zu verstehen. Ganz so, als hätte er die Wissenschaft vor Herausforderungen gestellt wie sonst kaum ein anderes Tier, Herausforderungen, die den klügsten Köpfen der Wissenschaftsgeschichte den Schlaf geraubt haben. Und gleichzeitig hat der Aal nicht wenige symbolische und metaphorische Auftritte in der Kulturgeschichte, etwa bei Grass. Das macht ihn für mich zu einem der erstaunlichsten Lebewesen, die sich da draußen finden lassen.
Und wenn du den Aal in einem Satz beschreiben müsstest, wie ginge der? Ein Lebewesen so fremd, genau wie du und ich.
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