5 Fragen an …
Hanno Beck und Aloys Prinz
Am Donnerstag, den 21.01.2015, wird die Europäische Zentralbank (EZB) bekannt geben, ob sie Staatsanleihen kaufen wird („Quantitative Easing“). De facto handelt es sich dabei um indirekte Zwischenfinanzierung von Staatsschulden mit der Notenpresse.
Was sind die wichtigsten Fragen zu dieser umstrittenen Politik?
1. Warum macht die EZB das?
Die EZB befürchtet einen allgemeinen Rückgang der Preise (Deflation), der sich verselbständigen könnte: Sinkende Preise führen zu Konsumzurückhaltung, zu sinkender Produktion und damit zu einer Krisenspirale nach unten. Die Inflationsrate in der Euro-Zone ist zwar in der Tat zuletzt gesunken, allerdings beruht dies auch aufgrund der sinkenden Energiepreise. Wir halten die Gefahr einer Deflationsspirale aktuell für gering.
2. Wie wirkt diese Politik?
DIE EZB hofft, dass die Banken die zusätzliche Geldversorgung dazu nutzen werden, um mehr Kredite zu vergeben und damit die Konjunktur anzuschieben. Ob das gelingt, ist zweifelhaft. Liquidität ist in der Eurozone ausreichend vorhanden. Der Aufkauf von Staatsschuldtitel wird demnach in erster Linie den Banken die Möglichkeit geben, aus ihren Bilanzen krisenbehaftete Schuldtitel herauszunehmen und gegen Geld an die EZB abzugeben. Diese Mittel können dann in drei Alternativen angelegt werden: in zusätzlichen Krediten an Unternehmen, in Käufen zusätzlicher, neu ausgegebener Staatsschuldtitel und als Überschussreserve bei der EZB selbst. Letzteres ist unattraktiv, da auf solche Einlagen bereits negative Zinsen lasten. Ob die Geldmittel tatsächlich in sinnvollen Unternehmensinvestitionen angelegt werden, ist nicht gesichert und auch nicht sehr wahrscheinlich. Vielmehr muss damit gerechnet werden, dass die Aktienkurse in der Eurozone davon profitieren, sowie andere, möglicherweise hochriskante Finanzinvestitionen. Solche Mittelverwendungen drohen aber, erneute Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrisen vorzubereiten, statt sie zu bekämpfen. Der zu erwartende Anstieg der Inflationsrate, der der Argumentation der EZB zufolge eine wichtige Rolle spielt für die Entscheidung, ist eher gering.
3. Warum tut die EZB das dann trotzdem?
Tatsächlich dürfte die EZB-Politik zwei – politisch gewollte – Effekte haben: Erstens bedeutet der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB de facto eine Zwischenfinanzierung der Staatsschulden mittels Notenpresse – verschuldete Staaten dürften sich zu günstigeren Zinsen verschulden können; das reduziert den Druck, beim Wähler unbeliebte Sparprogramme durchzusetzen. Zweitens entlastet diese Politik das Bankensystem: Der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB führt dazu, dass die Banken potentiell riskante Staatsanleihen an die EZB verkaufen und dafür Zentralbankgeld bekommen – das Risiko, dass diese Staatsanleihen an Wert verlieren, wird aus den Bankenbilanzen in die Bilanz der Notenbank verschoben; vorausgesetzt, die EZB trifft hier nicht Vorkehrungen gegen diese Risiko-Verschiebung. Tut sie das nicht, so werden sich Staaten und Banken zulasten der EZB – und damit des europäischen Steuerzahlers – sanieren.
4. Wer zahlt das?
Wenn das Ziel dieser Politik die Sanierung der Staatshaushalte und Bankenbilanzen ist, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Wenn die potentiellen Verluste aus dem Ankauf von Staatsanleihen bei den Nationalstaaten verbleiben, zahlen es die nationalen Steuerzahler, landet das Risiko in der Bilanz der EZB, werden deutsche Steuerzahler einen möglichen Staatsbankrott eines anderen Euro-Staates mit bezahlen. So oder so – am Ende wird der Steuerzahler zahlen.
5. Wie geht das weiter und was bedeutet das für den Sparer und Anleger?
Das wohl größte Problem der EZB wird darin bestehen, diese Politik später wieder zu stoppen und rückabzuwickeln: Beginnt sie mit einer Umkehr dieser Politik zu früh, wird die Euro- und Schuldenkrise erneut ausbrechen; wartet sie zu lange, wird es und Blasen an den Finanz- und Immobilienmärkten kommen. Nicht auszuschließen ist zudem, dass die Beendigung der Politik rezessive Tendenzen auslösen kann. Der Einstieg in diese Politik ist einfach, der Ausstieg schwer und unter Umständen teuer. Wir nennen das den Baloo-Effekt: Es ist einfach, den Tiger beim Schwanz zu packen, aber riskant, ihn wieder loszulassen.
Deutsche Sparer müssen damit rechnen, noch über einen längeren Zeitraum minimale Erträge bzw. eine negative Realverzinsung für ihre Ersparnisse zu bekommen – schlimmstenfalls steht die Altersvorsorge von Millionen Menschen auf dem Spiel. Aber auch Anlegern drohen Gefahren durch überhöhte Aktien-, Immobilien- und andere Vermögenspreise. Eine Rettung der Euro-Zone gibt es nicht zum Nulltarif.