Im Interview
3 Fragen an … Akiz
Lieber Akiz, du hast die Geschichte, ähnlich wie deinen ersten Roman Der Hund und das Drehbuch zu Der Nachtmahr, im Jahre 1998/99 begonnen, als du in Los Angeles gelebt hast. Wie kommt man so weit entfernt von Deutschland auf die Idee, ein deutsches Märchen zu erzählen?
Genau aus diesem Grund: Weil ich weit weg war von allem. Ich hatte Deutschland den Rücken gekehrt und erst nach einer langen Zeit in der Ferne, am Pazifik und im Wüstenklima, habe ich endlich angefangen zu verstehen, was exotisch, besonders und einzigartig an der deutschen Kultur ist. Und ich habe angefangen, die Jahreszeiten zu vermissen, die mitteleuropäischen Geschichten, die Mythen, Sagen und Fabeln.
Was hat dich am Froschkönig im Vergleich zu anderen Märchen gereizt?
Diese Geschichte berührt mich mehr als andere Märchen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich als kleiner Junge Froschlaich gesammelt und stundenlang die Kaulquappen dabei beobachtet habe, wie sie wachsen und sich verwandeln. Nachdem sie geschlüpft waren und ich sie zurück in den Teich gebracht hatte, saß ich oft ewig am Ufer und habe den Fröschen und Kröten zugehört. Manchmal so lange, dass es mir vorkam, als ob ich in diesem chaotischen Lärm des Quakens eine Ordnung, einen Rhythmus und eine Melodie erkennen könnte. Ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich Kröten sehr verbunden, mehr als anderen Tieren auf der Welt. Dazu kommt die ganze Mythologie des Krötenschleims, des DMTs* auf ihrer Haut und der damit einhergehenden Erfahrung, dass die Realität mehr ist als das, was wir mit den Augen sehen und den Ohren hören können.
Die Geschichte ist in wuchtigen Bildern und in einem rauschhaften Ton geschrieben. Ganz anders, als man es von Kinderbüchern, modernen Adaptionen oder Disneymärchen gewohnt ist. Warum?
Die Geschichte geht auf den Moment in meiner Kindheit zurück, als unsere Mutter Märchen vorlas und ich mit hohem Fieber im Bett lag. Die Bilder, die in meinem Kopf tobten, nachdem das Licht gelöscht wurde, spiegeln für mich bis heute den Geist und die Stimmung der deutschen Märchen wider, mit ihrer ganzen Wucht und dem rauschenden Wahn. Dieses Gefühl habe ich versucht, in Worte zu fassen. Für mich beschreibt der Roman den kurzen Moment, der sich in Bruchteilen einer Sekunde abspielt, wenn sich der Froschkönig, nachdem er an die Wand geschmissen worden ist, in einen Menschen verwandelt. Er handelt von der Liebe einer Herzogstochter, die diese Verwandlung auslöst, sich dabei aber auf ihre Weise selbst verändert. Er handelt von zwei Seelen, die inmitten des Kampfes zwischen Aufklärung, Aberglaube und Romantik ihre erste Liebe suchen. Aber in erster Linie handelt er für mich von einer unbeugsamen jungen Frau, die trotz aller gesellschaftlichen Zwänge ihren eigenen Weg geht und sich mehr und mehr zu ihren archaischen Kräften bekennt.
*DMT ist die Abkürzung für Dimethyltryptamin. Es ist eine natürlich vorkommende, halluzinogen wirkende Substanz. DMT entsteht bei etlichen Tieren, Pflanzen und im menschlichen Organismus als Stoffwechselprodukt.
Stimmen
"Eine faszinierende, wenn auch etwas verstörende Geschichte. Gut gefallen hat mir, dass man wirklich die Historie aufgrund der Wortwahl und Beschreibungen spüren konnte und es nicht derart romantisiert wirkte, wie das in anderen Romanen gern der Fall ist." M. Müller, Buchhändlerin
"Sollte das die ältere, erwachsenere, erschreckendere Erzählung sein, die dem uns bekannten Märchen zugrunde liegt? Oder ist es eine fantasievolle Weiterentwicklung? Interessant und symbolträchtig, wild und bildgewaltig, Geschmack, Geräusche, Gerüche allerorten." Christine Spenlen, Thalia Buchandlung, Schweinfurt
"Wow, was für eine Geschichte!
In Tagebucheinträgen und Briefen bekommt der "Froschkönig" hier ein ganz neues, höchst unterhaltsames Gewand. Dem Autor gelingt es nicht nur, die Protagonisten nah an mein Leserherz zu bringen, er vermittelt mir auch Gerüche und Geschmäcker mit seiner bildhaften Sprache sehr real.
Für mich war diese Version Lesevergnügen pur." R. Hansen
"Die Neuerzählung des "Froschprinz"-Märchens spielt 1799 und wird auschließlich mit Tagebucheinträgen und Briefen erzählt.
Mir hat besonders gut gefallen, dass man als LeserIn die Figuren rein anhand ihres Schreibstils identifizieren kann. Manche AutorInnen sind ja etwas bequem, wenn es darum geht, jeder Figur eine einzigartige Stimme zu geben. Nicht so Akiz, der die persönliche Suche nach Freiheit und Glück jedes einzelnen in jeweils eigene Worte fasst.
"Die Königin der Frösche" macht Spaß, ist düster, hoffnungsvoll, tragisch und ein kleines bisschen magisch - mit bekannten Elementen und neuem Dreh: Genauso wie ein Märchen sein soll." Katharina Huchler, Buchhandlung Brunner, Dornbirn